Jugendlichkeit und reine Spielfreude

Quatuor Modigliani mit Veronika und Clemens Hagen bei der Schubertiade.
Hohenems Das Quatuor Modigliani, bestehend aus Amaury Coeytaux und Loïc Rio (Violinen), Laurent Marfaing (Viola) und François Kieffer (Violoncello), spannte am Mittwochabend im Hohenemser Markus-Sittikus-Saal einen Bogen von Beethovens frühen Quartetten über ein jugendliches Werk Schuberts bis hin zu Brahms’ prachtvollem Streichsextett, ergänzt von Veronika und Clemens Hagen, die das Ensemble in souveräner Selbstverständlichkeit erweiterten.

Den Anfang machte Beethovens Streichquartett G-Dur, op. 18/2, auch bekannt als das heitere „Komplimentierquartett“, das mit seinem tänzerischen Schwung und seiner anmutigen Eleganz fast an Mozart erinnert. Quatuor Modigliani ließ diese Heiterkeit aufblühen, ohne je ins bloß Dekorative zu verfallen. Mit einer fein austarierten Balance zwischen den Stimmen, einem schlanken Ton und einer klugen Phrasierung wurde deutlich, wie sehr Beethoven schon in diesem Werk die Tradition durchdringt und zugleich übersteigt. Besonders das Adagio cantabile erhielt durch die Gestaltung des Ensembles jenen liedhaften Atem, der die Intensität Beethovens über die bloße Form hinaushebt.

Franz Schuberts Streichquartett C-Dur, D 46, schrieb der Komponist im Alter von sechzehn Jahren. Er war noch Schüler, doch in seinem kompositorischen Drang längst ein Könner, der von Haydn und Mozart gelernt hatte und bereits eigene Pfade suchte. Quatuor Modigliani legte hier großen Wert auf das lyrische Element, auf das Kantabile, das in Schuberts Melodien schon früh unverkennbar hervortritt. Im Andante con moto etwa gelang eine klangliche Wärme von schlichter Schönheit, während das Finale mit jugendlicher Unbefangenheit in reine Spielfreude mündete. Es war, als hörte man das Aufbrechen einer musikalischen Stimme, die sich bald zu voller Größe entfalten sollte.
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Den Höhepunkt des Abends bildete Johannes Brahms’ Streichsextett B-Dur, op. 18 – ein Werk, das von orchestraler Fülle und kammermusikalischer Intimität lebt. Mit Veronika Hagen an der zweiten Bratsche und Clemens Hagen am zweiten Cello verwandelte sich das Quartett in ein Sextett von überwältigender Homogenität. Schon der erste Satz zeigte, wie Brahms mit motivischer Arbeit ein Gewebe schafft, das in ständiger Bewegung bleibt. Die sechs Musiker verschmolzen zu einem Ensemble, das im besten Sinne wie ein einziger Organismus atmete. Besonders eindrucksvoll geriet das Andante ma moderato, jenes Variationsadagio, das von einer schlichten Melodie ausgeht und in einem breiten Spektrum zwischen inniger Melancholie und leidenschaftlichem Aufruhr gipfelt. Hier beeindruckte die innere Spannung, die das Ensemble mit zurückgenommener Intensität aufzubauen verstand. Im Scherzo dominierten dagegen rhythmische Energie und tänzerische Eleganz, die sich im Trio in lyrischer Leichtigkeit auflösten. Schließlich führte das Rondo-Finale zu einem Abschluss voller Spielfreude und geistiger Klarheit, den die Musiker mit einer Mischung aus Verve und klanglicher Transparenz gestalteten.

Dieses Konzert war geprägt von einem hohen Maß an stilistischer Durchdringung und zugleich von jener feinen Natürlichkeit, die große Kammermusikabende auszeichnet. Quatuor Modigliani überzeugte mit einer klaren Linie, die nie in akademische Strenge kippte, sondern stets den musikalischen Atem wahrte. Gemeinsam mit den Hagens gelang ein Brahms, der in Wärme und Leuchtkraft ebenso bestach wie in struktureller Klarheit. Am Ende stand lang anhaltender, herzlicher Applaus des Publikums – nicht nur für die glanzvollen Werke, sondern vor allem für eine Interpretation, die das Zuhören zu einem beglückenden Erlebnis machte: intensiv, elegant und von hoher Musikalität getragen.