Auf Felders Spuren: Wie ein Nachfahre das Erbe des Bregenzerwälder Sozialreformers lebendig hält

Kultur / 03.11.2025 • 17:00 Uhr
Auf Felders Spuren: Wie ein Nachfahre das Erbe des Bregenzerwälder Sozialreformers lebendig hält
Burkhard Wüstner führt durch das Franz-Michael-Felder-Museum – und damit mitten hinein in das Leben eines außergewöhnlichen Bregenzerwälders. Fotos: VN/Steurer

Der Historiker und Felder-Nachfahre Burkhard Wüstner gibt im Museum in Schoppernau Einblicke in das Leben eines Mannes, der seiner Zeit weit voraus war und dessen Andenken im Dorf einst erbittert bekämpft wurde.

Darum geht’s:

  • Felderweg verknüpft Landschaft mit Franz Michael Felders Geschichte.
  • Burkhard Wüstner bietet tiefen Einblick in Felders Leben und Wirken.
  • Felder als Aufklärer trotz Widerstands in Dorfgemeinschaft.

Schoppernau Der nach mehrwöchiger Sperre aufgrund von Holzarbeiten wieder freigegebene Felder-Weg windet sich durch Wiesen und Wälder, an der Bregenzerach entlang, vorbei an Kapellen und alten Vorsäßen, von Hinterhopfreben nach Schoppernau. Wer ihn entlanggeht, wandert nicht nur durch die Landschaft des hinteren Bregenzerwalds, sondern durch das Leben von Franz Michael Felder (1839 bis 1869). Sein Wohnhaus, sein Wirkungsort, sein Denkmal: All das liegt auf diesem Weg, der erlebbar macht, wie sehr Landschaft und Lebensgeschichte des außergewöhnlichen Bregenzerwälders miteinander verwoben sind.

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Das Museum ist im Obergeschoss des Kultur- und Geschäftshauses im Dorfzentrum eingerichtet. Die große Leuchtwand gibt anhand von Zitaten, Bildern und Texten Einblicke in das Leben und Wirken Felders.

Wer noch tiefer eintauchen will, findet mit dem Franz-Michael-Felder-Museum gleich beim Startpunkt des Weges den passenden Ort dafür. Burkhard Wüstner, Historiker, Autor, Leiter des Museums und Felder-Nachfahre, kennt die Geschichte des Autors in- und auswendig und erzählt sie mit spürbarer Faszination. „Das Leben Felders zeigt, wie eine einzelne Persönlichkeit Großes bewirken kann, trotz Armut, Krankheit und gesellschaftlichem Widerstand.“

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Historiker Wüstner ist ein Nachfahre Felders.
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Franz Michael Felder gilt als erster Sozialreformer Vorarlbergs. Er wollte die Lebensbedingungen der Menschen im Tal grundlegend verbessern.

Sozialreformer, Autor, Visionär

Franz Michael Felder war nicht nur Landwirt, sondern ein leidenschaftlicher Aufklärer und Sozialreformer: Er gründete Genossenschaften, initiierte eine Viehversicherung, wollte die Stickerei als Frauenarbeit besser absichern und organisierte den Käsehandel neu. Er errichtete in seinem Haus die erste Volksbibliothek der österreich-ungarischen Monarchie. Zeitgleich schrieb er Gedichte über soziale Ungleichheit, Romane und las Shakespeare. Bildung war für ihn kein Privileg, sondern Voraussetzung für gesellschaftlichen Wandel.

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1861 heiratete Felder Anna Katharina „Nanni“ Moosbrugger aus Au. Sie war ebenso sehr belesen und schrieb Gedichte. VN/Steurer

„Dass jemand wie Felder als einfacher Bauer bis zu 20 Zeitungen abonniert hat, war völlig außergewöhnlich“, betont Wüstner, der früher Gymnasiallehrer war. Einige dieser Originale liegen im Museum auf – neben Felders Totenbild, Portraits, Tagebuchseiten, Briefen und seltenen Erstausgaben. „Gerade Schülerinnen und Schüler beeindruckt das oft mehr als jedes Geschichtsbuch.“

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Museumsleiter Burkhard Wüstner beschäftigt sich seit seiner Schulzeit mit Franz Michael Felder, nicht nur als Historiker, sondern aus weltanschaulicher Überzeugung.
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Die mehrere Meter lange Plakatwand zeigt zentrale Stationen im Leben Felders – von Kindheit über Reformtätigkeit bis zur Denkmalerrichtung.
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Felders Werke erzählen von Mut, Bildung und sozialer Gerechtigkeit. Themen, die heute genauso aktuell sind. VN/Steurer

Denkmalversetzung in Nacht-und-Nebel-Aktion

Zu Lebzeiten spaltete Felder sein Heimatdorf. Der konservative Pfarrer Rüscher hetzte von der Kanzel gegen ihn, nannte ihn einen Freimaurer und Ketzer. Als Freunde sechs Jahre nach seinem Tod ein Denkmal am Schoppernauer Friedhof errichten wollten, verbot der Pfarrer die Aufstellung. In einem Brief schrieb er, er wolle „lieber sterben, als diesen Stein auf seinem Friedhof zu sehen“.

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Der Felder-Weg verläuft nicht nur in idyllischer Landschaft, sondern führt zu den unterschiedlichen Stationen Felders. Handout

Am 18. August 1875 – Pfarrer und Bürgermeister waren gerade nicht im Ort – stellten 44 Männer aus Au und Schoppernau das Denkmal im Friedhof auf. Die Pfarrchronik sprach von einer „Rotte der Gottlosen“, das Volksblatt von einem „Akt öffentlicher Gewalttätigkeit“. Erst ein Jahr später entschied die k.k. Statthalterei in Innsbruck: Das Denkmal muss bleiben.

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Das Denkmal für Franz Michael Felder steht heute im Schoppernauer Friedhof. Einst war seine Errichtung im Dorf heftig umstritten. Handout

„Ein geistiger Mentor für mich“

Für Burkhard Wüstner ist Felder mehr als ein Museumsthema. „Er ist so etwas wie ein geistiger Mentor für mich geworden – schon seit meiner Gymnasialzeit. Er hat mich auch weltanschaulich geprägt.“ Der 67-Jährige führt regelmäßig Schulklassen durch die Ausstellung, hält Vorträge und organisiert Projekte. Besonders freut er sich, wenn junge Menschen über Felder ins Nachdenken kommen. „Sie sollen begreifen, dass Aufklärung, Haltung und Bildung auch bei uns im Tal begonnen haben – und weitergetragen werden können.“

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Das Museum in Häris Säge in Schoppernau ist neu.
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Wüstner führt regelmäßig Schulklassen durch das Museum und freut sich, wenn Jugendliche über Felder ins Nachdenken kommen.

Und draußen, vor dem Museum, führt der Felder-Weg dorthin zurück – zu den Stationen seines Lebens, zu seinem Denken, zu seiner Sprache. Ein Weg, der heute mehr denn je zur Auseinandersetzung einlädt. Nicht nur mit der Geschichte – sondern mit der Frage, was Zivilcourage und Verantwortung auch im Heute bedeuten.

Franz-Michael-Felder-weg

Strecke:
• Länge: 5,6 km
• Dauer: ca. 1 h 30 min
• Höchster Punkt: 1029 m
• Tiefster Punkt: 838 m

Wegbeschreibung:
Start beim Landhaus Bad Hopfreben (ehemalige Heilbadanlage). Von dort führt der Weg über das Vorsäß Hinterhopfreben – wo die Familie Felder eine Hütte besaß – durch ein Waldstück nach Vorderhopfreben, entlang der Bregenzerach bis in die Ortsmitte von Schoppernau. Am Weg: eindrucksvolle Ausblicke, Felder-Zitate auf Tafeln, ein Abstecher zur Armenseelenkapelle sowie das Geburts- und Wohnhaus von Franz Michael Felder.

Tipp:
Besuch im Franz-Michael-Felder-Museum in Schoppernau.
Öffnungszeiten:
Mo 16–18 Uhr, Do 9–11 Uhr, Fr 17–19 Uhr, So 9:30–11:30 Uhr

Anreise:
🚗 Parkplatz: Gemeindezentrum Schoppernau
🚍 Öffi: Linie 852 – Haltestelle Schoppernau Hinterhopfreben

Website: www.schoppernau.at/feldermuseum