Himmel, Hölle, Fegefeuer

Das Theater Mutante präsentierte eine multimediale Performance in der Pfarrkirche Egg.
Egg Theater in einer Kirche? Ja, und was für eines. Das Theater Mutante, unter der Gesamtleitung von Andreas Jähnert, der auch den Part des Darstellers übernommen hatte, zeigte die beeindruckende Aufführung von „Planetarium – wir haben genug gesehen“ in der Egger Pfarrkirche – der Beitrag der Pfarre Egg, großes Kompliment an Pfarrer Friedl Kaufmann, zur 750-Jahr-Feier der Marktgemeinde Egg (seit 2020). Ein Großaufgebot an Mitwirkenden, von der Big Band Egg, über den Kirchenchor St. Nikolaus, die Musikvereine Egg und Großdorf, der Karate Klub Egg, die MS Egg, der Chorus flexibilis bis hin zu Künstlern wie Tone Fink (Masken), Harald Schwarz (Videoprojektion) sowie der geniale Organist Jürgen Natter, der dem Ganzen einen musikalischen Rahmen gab – er improvisierte frei – kein einziger Ton war notiert. Natter schöpfte die gesamte Bandbreite der Orgel mit teils dissonanten Akkorden, mit Brüchen, Phrasen, und wechselhaften Rhythmen aus.

Er wählte intuitiv die passenden Klänge aus, um verschiedene Stimmungen, Effekte und Überleitungen zu erzeugen – grandios. Nicht minder Jähnerts Darstellung als Tischler, der in der Kirche seinem Handwerk nachgeht und dem Zuschauer ein Kaleidoskop von historischen, teils auch legendenhaften, aber auch aktuellen Ereignissen vorsetzt, unterstützt von einer KI (aus Mr. KI hätte man durchaus eine Mrs. KI machen können bzw. geschlechtsneutral). Über 100 Eggerinnen und Egger haben dieser KI ihr Gesicht „geliehen“, daraus wurde dann mittels KI ein „Egger KI Gesicht“ generiert.
Die Hölle ist hier
Historischer Berater war kein Geringerer als der bekannte Bregenzerwälder Theologe und Historiker Mathias Moosbrugger. Der Text des Stücks stammt von Bernadette Heidegger. Neben diversen „Schreckensbilder“, „die Hölle ist nicht irgendwo in einer Unterwelt, die Hölle ist hier, auf der Erde, Armut, Krankheiten, Gewalt, Krieg …“wird man auch mit den aktuellen globalen Herausforderungen konfrontiert und Jähnert, als Conférencier, der durch den Abend führt, bringt schon mal etwas Gruppentherapie ins Spiel, das Publikum wird aufgefordert, mitzumachen: „Jede Zelle meines Körpers ist glücklich, jede Körperzelle fühlt sich wohl …“ hier wird die ansonsten stringente Handlung leicht verwässert. Was an manchen Stellen wie Sequenzen aus Ingmar Bergmans Film „Das siebente Siegel“ anmutet, wenn beispielsweise der Chorus flexibilis singend und tanzend aus dem einen Beichtstuhl heraustritt, um dann im gegenüberliegenden wieder zu verschwinden, oder die Karatekas mit brennenden Kerzenleuchtern durch den Mittelgang der Kirche schreiten. Der Text blieb überwiegend an der Oberfläche, kratzte nur ganz bescheiden brennende Themen an, wenn es beispielsweise um die Hexenverbrennung im Bregenzerwald ging. Wenn man schon im historischen Topf herumrührt, dann bitte tiefschürfender. Im Zuge dessen hätte man die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter im Bregenzerwald während des Zweiten Weltkriegs erwähnen können, oder auch die Euthanasieopfer (Aktion T4), die Gehässigkeiten u. a. von Pfarrer Johann Georg Rüscher (der die Egger Pfarrkirche neu errichten ließ), die Franz Michael Felder, des Bregenzerwaldes größter Sohn, erfahren musste, die Geschäftsgebarungen der Käsgrafen, Katharinentag, Blutgericht, Schwabenkinder, die Wiedertäufer, Bauernkrieg etc. Da gäbe es noch so einiges aufs Tapet zu bringen, nicht „nur“ die legendäre „Weiberschlacht an der Roten Egg“. Dennoch, es war ein grandioses Ereignis, ein denkwürdiger Theaterabend in einer faszinierenden Kulisse, mit wunderbaren Mitakteuren. Standing Ovations.
THS