Sualppa! Sualppa!

Hanskaspas Enkel und Zündschnurs Wieborsito feiern Abschied in Hohenweiler.
Hohenweiler Wäldarisch ist ein extremer Dialekt. Und für die Besucher aus dem Leiblachtal und Bregenz, die den Hokus in Hohenweiler am Sonntagabend bis zum letzten Platz füllten, wahrscheinlich nicht immer verständlich. Noch extremer ist die Variante „Schiradläw eschrodnaeh“, „Wäldarisch heondorsche“, bei der man die Wörter von hinten nach vorne ausspricht. An sich ein Kinderspiel, aber bei Ulli Troy, dem Mastermind, Textdichter und Hauptarrangeur der Truppe, wird daraus ein Song von fast dadaistischer Unsinnspoesie, der, wie das ganze Programm, mit begeistertem „Sualppa“ (Applaus) belohnt wurde.
Der Auftritt in Hohenweiler war ein Jubiläum: der hundertste der legendären Formation „Hanskaspas Enkel“, die aus den singenden Cousins Ulli Troy (Gitarre), Richard Natter (Gitarre, Charrango, Zither) und Jos Natter (Kontrabass, Akkordeon) gebildet wird, Enkel des Johann Kaspar Troy, Mühlenbesitzer und begeisterter Musikant aus Egg. Zugleich wurde der 19. und letzte Auftritt des Programms „Egg–Andelsbuch–reTOUR“ gefeiert, für das sich die drei Herren mit „Zündschnurs Wieborsita“ zusammengetan hatten, den drei Bregenzerwälder Ausnahmemusikerinnen Evelyne Fink-Mennel (Gesang, Violine, Maultrommel), Isabella Fink (Gesang, Violoncello) und Hanskaspas Urenkelin Irma-Maria Troy (Gesang, Violine, Banjo, Harmonium). Nicht nur als Begleitband, sondern auch mit eigenen und manchmal gemeinsamen Nummern.
Das Programm deckte inhaltlich und formal eine beachtliche Bandbreite ab: Da gab es – immer humorvoll – Konsum- und Zeitkritik mit dem hochdeutschen „Blitzo, Blitzo“, einer Parodie auf ein Wundermittel, oder mit Troys aberwitziger „Akuter Hoferitis“ im Dialekt. Der Egger Mundartdichter Kaspar Troy kam mit einem nachdenklichen Song, vertont von Rolf Aberer, zu Wort, „Ma sött nüd gär alls wello hea“; dem legendären Hanskaspar wurde in „D‘r Ähne ischt an Sägar gsin“, begleitet von Irma-Maria Troy auf der Geige, ein Denkmal gesetzt. Gänsehaut konnte man bekommen bei dem von Troy ins Wäldarische übertragenen Song von Susan Werner, „Herrgott, b’schearm üs“ mit der Beschwörung der moralischen Besserwisser. Ein besonders hintersinniger Hit war der „Partygrill“, bei dem sich Ulli, Rich und Jos als Kommissar am Bratort oder Seriengriller in der letzten Männerdomäne, dem Grillen, selbst auf die Schippe nahmen.
D’Wieborsito steuerte einige der schönsten und musikalisch feinsten Beiträge bei, etwa im „Mühle-Fink-Johlar“, wo Evelyne und Isabella Fink ihre gurrenden Jodelkünste zeigten. In „Wieviel Mä ma ma?“ (Text Ulli Troy) sinnierten die drei z. B. „oana ist z‘wenig, zwi nüd schlät, drie sand nüd gär alls, vier wär gad rät“. Den besonderen Witz bekam dieser Song durch die Musik von Isabella Fink: begleitet vom Harmonium klang das Ganze wie Kirchengesang. In „I bea zwar ou a Wäldare“ kam die Desillusionierung nach der Heirat mit dem so begehrten „Wäldarbuob“ zum Ausdruck, in der „Strip-Polka“ der Andrew-Sisters waren es die Nöte einer katholischen Stripperin. Ums Wäldarische und ums Jodeln ging es dann wieder mit den Männern in „Dr Klusberg Johlar“, „Wäldar Zungoträtzer“ und der Bödeledeutsch-Parodie „Die ‚War-inger‘ in Gsiberg“. Einen Ausflug ins makabre Wienerische à la H. C. Artmann gab es mit „Winterzeit in Wienzeit“, lustigerweise von HP. Kerkeling.
Nach der Mitsing-Zugabe „Im Stadel heondorm Hus“ griff d’Wieborsito auch noch zu Blockflöten und intonierte einen Ausklang mit Cello-Flageolett – bis der Knall eines zerbrechenden Glases das Ende eines fantastischen Abends markierte.
Ulrike Längle