Alles, was recht ist
Hans Kelsen war der Mastermind unserer Bundesverfassung von 1920. In der Ibiza-Staatskrise hat sich diese „elegante, wunderbare Verfassung“ (V. d. Bellen) ruhmreich bewährt. Aber was taugt sie heute, in der noch größeren Krise? Wären Demos von Wutbürgern gegen den „Corona-Wahnsinn“ im Sinn von Kelsen gewesen? Ist sein Regelwerk dafür geeignet, uns ebenso ruhig und weitsichtig aus dem Corona-Sturm herauszuführen wie einst aus dem Ibiza-Desaster? Für Kelsen durften Gesetze nicht zu schnell, zu schlampig, zu unklar zustande kommen. Gesetzliche Klarheit war für ihn ein Gebot des demokratischen Staatswesens. Ebenso ist der Streit darüber keine Nebensache, sondern sein Herzstück. Weil man den Kompromiss sucht, den Ausgleich entgegengesetzter Anschauungen. Referenden wie in Großbritannien (Anti-EU) oder in Ludesch (Anti-Rauch) hätte er skeptisch gesehen. Transparenz und eine offene Diskussion in Parlamenten wollte er. Dort herrschen Rede und Gegenrede, dann wird abgestimmt. Dann kann es nicht passieren, dass Bürger über komplizierte Sachverhalte („Brexit“) mit „Ja“ oder „Nein“ urteilen oder über Grundstücke von Mitbürgern abstimmen. Denn den meisten ist zwar klar, dass Klimaschutz und Sicherheit wichtig sind. Den meisten ist aber nicht klar, wie wichtig Wirtschaft und Arbeitsplätze (Wertschöpfung) sind. Das Gemeinwohl muss im Vordergrund stehen, Tausende Jobs stehen auf der Kippe.
Christoph Schneider,
Ludesch