Salamitaktik und

Leserbriefe / 30.06.2020 • 18:07 Uhr

Ehrenzeichen

In den VN vom 19. 6. 20 kommentierte Dr. Bußjäger das Vorgehen eines jungen Richters beim Bundesverwaltungsgericht im Verfahren um den Speicherteich als „mutig“. Dieselbe Ausgabe enthielt auch einen Bericht über die Auszeichnung einer jungen Richterin für ihr „couragiertes … Verhalten“ in der Testamentsfälscher-Affäre. Beide Formen der Anerkennung findet Jörg Frey in seinem vier Tage später abgedruckten Leserbrief übertrieben und begründet dies jeweils mit einem Umkehrschluss. Im ersten Fall müsste man bei einer anderslautenden Entscheidung die Person dann ja als feige bezeichnen. Das ist methodisch falsch, weil die beiden herausragenden Eigenschaften zwar einander ausschließen, es dazwischen aber noch viele andere Möglichkeiten gibt. Im zweiten Fall sieht er eine Abwertung der restlichen Richterschaft als weniger couragiert. Für ihn haben die beiden nur das gemacht, wofür sie bezahlt werden. Dabei verkennt er vollständig, wie schwierig es vor allem für Berufsanfänger ist, die eigene Meinung gegen eine starke Lobby bzw. das Establishment zu vertreten. Genau dies haben der Richter bzw. die Richterin getan und sich damit ihre lobende Erwähnung/Auszeichnung wirklich verdient.

Wolfram Walch, Feldkirch