Osterausflug

Leserbriefe / 09.04.2021 • 17:51 Uhr

Nach über einem Jahr des emsigen Bemühens im Corona-Bergwerk sei uns ein thematischer Abstecher ins Freie, sozusagen ein Osterausflug, gegönnt. Wissen Sie, wer als der „erste Besucher Vorarlbergs“ gelten darf? Der erste Mensch, von dem wir Kunde haben, dass er den Weg hierher gefunden hat, entpuppt sich gleich einmal als ziemliches Kaliber, als historisches Schwergewicht, denn er ist involviert in weltgeschichtliche Vorgänge allerersten Ranges – gemeint ist Tiberius, der Stiefsohn des Augustus. Er kam erst 26-jährig, wahrscheinlich von Westen, an der Spitze einer Armee und muss sich zumindest im Bregenzer Gebiet aufgehalten haben, weil das die strategisch wichtigste Ecke des Bodensees war und somit ein logisches Etappenziel darstellte. Jahrzehnte später wurde er Kaiser und übernahm die Kontrolle des riesigen Weltreiches, – was nur funktionierte, in dem man delegierte. Der Kaiser entsandte Stellvertreter mit weitreichenden Vollmachten nach allen Himmelsrichtungen – Männer, auf die Verlass sein musste- nicht überall nämlich fügten sich die Unterworfenen so reibungslos den römischen Erwartungen, wie offenbar die Bevölkerung am Bodensee. Eine Problemregion war zweifellos Palästina, dort lebten die Juden – in den Augen der Römer religiöse Hitzköpfe. Im Jahr 26 hat Tiberius diesen Statthalterposten neu besetzt. Der Mann seines Vertrauens hieß Pontius Pilatus. Manchmal ist die Welt kleiner als man denkt.

Bohuslav Birka, Dornbirn