Der Postenschacher

Leserbriefe / 18.05.2021 • 17:07 Uhr

Der Postenschacher (Gattung: Famulus Praefecti) ist ein sehr beliebtes Haustier in der niederen, mittleren und höheren österreichischen Majestätsbürokratie sowie der Herrscher- nahen Wirtschaft. Ganz besonders wichtig ist dabei die richtige Farbe und der vertraute Stallgeruch des Tierchens. Ein treuherziger Blick, ein medientauglicher, in jeder Situation ausgeprägt selbstsicherer Auftritt und eine hoch entwickelte Fähigkeit, mit vielen schönklingenden Worten nichts zu sagen, sowie eine ebenso ausgeprägt unterwürfige Diensteifrigkeit im Sinne der jeweiligen Majestäten sind entscheidende Einstellungskriterien. Die flexible Bereitschaft auch mal als Sündenbock in die Wüste geschickt zu werden und nach einer kleinen Latenzphase wieder als Haustier unter einem andern herrschaftlichen Thron zu dienen, ist ein Erfolgsgarant für den finalen Sprung auf einen Fürstenthron. Fachliche und moralische Kompetenz sind beim Postenschacher ausdrücklich unerwünscht. Alle, Klein-Majestäten von Landeshauptstädten, Landes- sowie höhere Bundesmajestäten, jeweils aller Farben, alle hätscheln dieses noch meist männliche, possierliche Tierchen innig. Aber die Weibchen holen, Gender sei Dank, auf. Alle Österreicher und Österreicherinnen lieben den Postenschacher solange er in der richtigen, nämlich der eigenen Farbe leuchtet. Deshalb ist dieses putzige Tierchen in unserer schönen postmajestätischen Demokratie auch nicht vom Aussterben bedroht.

Dr. Klaus König, Lauterach