„Dritte Gewalt“
Im VN-Kommentar „Dritte Gewalt“ vom 21.7.2021 schreibt Frau Prof. Dr. Stainer-Hämmerle: „Nun muss sich nur mehr die Politik ähnlich lernwillig zeigen und die Grenzen des Rechts akzeptieren.“ Sätze wie: Das Recht muss der Politik folgen von FP-Chef Herbert Kickl … dürfen so in Zukunft nicht mehr fallen. Erstaunlich, dass dieser aus dem Zusammenhang gerissene Satz geradezu gebetsmühlenhaft auch von einer renommierten Hochschulprofessorin unhinterfragt als Totschlagargument verwendet wird. Der Satz von Kickl ist – isoliert betrachtet – zweideutig. Er kann sowohl so verstanden werden, dass die Justiz willfährig dem Willen der Politiker zu folgen hat, oder so, dass auch eine noch so unabhängige Justiz die von der Politik – gemeint ist der Nationalrat – geschaffenen Gesetz anwenden muss und nicht nach eigenem Gutdünken uminterpretieren darf und der Nationalrat jederzeit Gesetze anpassen oder neu schaffen kann und muss, wenn die Gesetzeslage unbefriedigend geworden ist. Kickl’s Satz ist gefallen, als nach dem Mord von Dornbirn die Abschiebepraxis von gewaltverdächtigen Asylanten hinterfragt und festgestellt wurde, dass dieser Mörder aufgrund der auch heute noch bestehenden Rechtslage nicht in Abschiebehaft genommen werden hätte können. Nichts anderes hatte Kickl gemeint, was von ihm auch wiederholt so klargestellt worden ist, jedoch nicht einmal von einer hochkarätigen Hochschulprofessorin zur Kenntnis genommen wird.
Dr. Jörg Frey, Feldkirch