Autonomieverlust

Leserbriefe / 21.10.2021 • 17:43 Uhr

Laut VN-Bericht vom 20.10.2021 gibt es keine Nachfolgelösung für den Schlachthof Dornbirn, der Ende des Jahres den Betrieb einstellt. Das Aus für den Schlachthof stellt zweifellos einen massiven Verlust an (Lebensmittel)Autonomie dar und kann deshalb nur als regionalpolitisches Totalversagen beurteilt werden. Das Lamento des Kammerpräsidenten ist unglaubwürdig, da die Landwirtschaftskammer seit Jahren intensiv in die Überlegungen zu einer Nachfolgelösung eingebunden war. Für die lapidare Erkenntnis, dass eine Abgangsdeckung aus öffentlichen Mitteln für einen privaten Betreiber dem EU-Wettbewerbsrecht widerspricht, hätten die Landesexperten keine Dienstreise nach Brüssel machen müssen. Ebenso wenig wie für die bekannte Toleranz der Hüter des Wettbewerbes für Aktivitäten gemeinnütziger Genossenschaften oder Regionalwert-Gesellschaften, die z.B. über großzügige Leader-Programme förderungswürdig sind. Solche autonomen (Bürger)Beteiligungsmodelle sind den Feudalherren unsers Kammerstaates aber ein Dorn im Auge, weil schlecht kontrollier- bzw. steuerbar. Dass bei der Landwirtschaftskammer das Wohlergehen der Konsumenten und Tiere nicht oberste Priorität genießt, beweist die Tatsache, dass sie immer noch keine gesetzlichen Kennzeichnungspflicht für Fleisch nach Herkunft und Art der Tierhaltung (nach dem EU-weit erfolgreichen Modell der Eierkennzeichnung) einfordert.

Dass sie mit der fehlenden Nachfolgelösung für den Schlachthof ihre eigenen Zwangsmitglieder im Regen stehen lässt, erlaubt wohl die Frage nach der Existenzbegründung dieser „Interessensvertretung“.

Dr. Erik Schmid, Götzis