„Staatsversagen“ – ein tauglicher Vorwurf?
Das starke Wort vom „Staatsversagen“ ist in vieler Munde, seit sich Bundesregierung und Landeshauptleute epidemiologisch in eine Sackgasse gesteuert haben, Ausweg Lockdown. Der Vorwurf des „Staatsversagens“ kann durchaus Gehalt haben, wenn es nicht bloß als zugespitztes Pauschalurteil verstanden wird. Eigentlich stammt der Begriff aus den Wirtschaftswissenschaften, wo er staatliche Markteingriffe bezeichnet, die aus Marktsicht zu suboptimalen Ergebnissen führen. Das klingt deutlich unaufgeregter. In Pandemiezeiten könnte er herhalten, konkrete Defizite aufzeigen und Ausgangspunkt für Korrekturen zu sein: Da wäre zunächst das schmerzlich vermisste Krisenmanagement, das den Namen auch verdienen würde, statt den wechselnden Politikerinteressen auf Bundes- und Landesebene das Pandemiegeschehen zu überlassen. Daneben die mehr als nachhinkende Digitalisierung der Verwaltung und die Verfügbarkeit von aussagekräftigen Daten; letztere schaffen Wissen, aber weil Wissen auch Einfluss und Macht begründen bzw. verschieben, findet sich verlässlich immer ein Grund, warum diese oder jene Informationen nicht verfügbar sind. Für die Analyse und Bekämpfung der Pandemie ein großer Klotz am Bein der Republik. Die Regierungsperformance ist der fairnesshalber in die Pandemiebilanz vergleichbarer Staaten einzuordnen. Die Niederlande begannen bereits damit, Patienten nach Deutschland zu transferieren. Die WHO warnt 49 von 53 europäischen Staaten vor einer solchen Entwicklung im Winter. Bei aller Kritik besteht die leise Hoffnung, dass sich Österreich doch noch davon abkoppeln kann.
Dr. Günter Felder, Dornbirn