Kirchenaustritte

Leserbriefe / 20.01.2022 • 18:37 Uhr

Die Kirchenoberen bedauern die 2021 gestiegenen Kirchenaustritte. Als Gründe führen sie zurecht an: den Kirchenbeitrag (für Verbreitung von Illusionen bezahlen?), die verquere Sexualmoral (kommt nicht von Jesus), den Missbrauchsskandal, die ungelöste Frauendiskriminierung oder die verbotene Wiederverheiratung Geschiedener. Weitere gewichtige Gründe liegen tiefer und werden wie jedes Jahr verschwiegen: Es könnte ja sein, dass es 250 Jahre nach der Aufklärung Menschen mit ein wenig Hausverstand gibt, die an der Glaubenslehre selbst ihre Zweifel hegen. Sie glauben einfach nicht an einen Gott aus drei männlichen Teilen, an eine Jungfrau Maria, die mehrere Kinder geboren hat, von denen eines vom Heiligen Geist gezeugt sein soll, das dann vom eigenen Vater am Kreuz für unsere Sünden geopfert wurde (Erbsündenlehre erst 400 Jahre nach Chr. durch Augustinus). Sie glauben auch nicht, dass ein mit wenigen Formeln geweihter Priester eine Oblate in den Leib Christi verwandeln oder mit irgendwelchen Riten Böses abwenden oder Gutes bewirken kann. Sie wissen auch, dass der Mensch keine unsterbliche Seele hat, die in Himmel oder Hölle ewig weiterlebt. Soll man wirklich einem unglaubwürdigen Verein angehören oder wäre es nicht sinnvoller, dass statt widersprüchlichem Religionsunterricht für zerstrittene Gruppen allen Jugendlichen ein realitätsbezogener Ethikunterricht für ein menschliches Miteinander im Diesseits erteilt würde?

Josef Sohler, Lustenau