Beispiellose wirtschaftliche Bedrohung

Leserbriefe / 15.04.2022 • 17:38 Uhr

Zum Leserbrief „Zynismus“ von Gerwig Gerhold, VN vom 12. April:

Kürzlich habe ich die Unterstützung einiger österreichischer EU-Abgeordnete für ein Gasembargo als „heuchlerisch und weltfremd“ bezeichnet. Dabei bleibe ich. Wäre die Abstimmung bindend gewesen, hätten sie anders abgestimmt. Ich erkenne an, dass Symbolpolitik ihren Platz hat und dass es vieles gibt, wofür es sich lohnt, Opfer zu bringen. Darum hat die Industriellenvereinigung bisher auch alle Sanktionen unterstützt. Ein Gasembargo überschreitet jedoch die Grenze des Ertragbaren. Es scheint, als sei vielen die Tragweite nicht bewusst. Ein Embargo würde wichtigen Leitbetrieben, und somit der gesamten Wirtschaft, nicht nur schaden, sondern sie lahmlegen! Der Industriestandort würde sich mit einem Schlag aus dem Markt katapultieren und das Feld der nicht vom russischen Erdgas abhängigen Konkurrenz überlassen. Der Wohlstandsverlust wäre beispiellos in unserer jüngeren Geschichte, der Effekt in Russland nicht absehbar, und Österreich jener Staat, der am meisten Schaden davonträgt. Ich stehe also nicht dafür, Sanktionen zu verhängen, die uns mehr schaden als jenen, die wir sanktionieren. Darüber hinaus: Sollte sich dieser abscheuliche Krieg in die Länge ziehen und die Ukraine von europäischer Solidarität abhängig bleiben, muss man sich schon fragen, wie sich diese Solidarität angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Existenzängsten aufrechterhalten lässt. Darum nicht nur weltfremd und heuchlerisch, sondern auch kurzsichtig und unüberlegt.

Martin Ohneberg, Präsident
IV-Vorarlberg