Fürchtet euch nicht
Dem blendenden Gastkommentar von Hannes Androsch (VN 24. 9.) ist an sich nichts hinzuzufügen. Längst ist klar, dass Putin, der rationell kalkuliert, ein fataler Rechenfehler unterlaufen ist. An diesem ist der Westen allerdings entscheidend mitschuldig. Nach den Kriegseinsätzen in Georgien 2008, auf der Krim und im Donbas 2014, winkte man Putin mit einem müden Boykott praktisch durch und forcierte seinen Weitermarsch. Lediglich die Briten und Amerikaner lieferten seit 2014 verstärkt Waffen. Aber selbst heute ist die NATO zu zögerlich: Entscheidende Waffen werden nicht geliefert, und die Verteidigungsstrategie des Baltikums offenbart, dass diese Länder zuerst überrannt würden und dann rückerobert werden müssten. Zum Glück ist Putin dazu derzeit nicht imstande. Jetzt setzt er wieder auf die Psychomasche, wobei ihm sogenannte taktische Atombomben (Wirkungsradius wenige Kilometer) zugetraut werden können. Aber auch das müsste die Reaktionen des Westens riskant hochschrauben, und mittlerweile muss er sein eigenes Volk zunehmend fürchten. „Trauen Sie Putin niemals, haben Sie aber auch keine Angst vor ihm!“, lautet der Ratschlag von Präsident Poroschenko, dem Vorgänger Selenskis. In Großbritannien ist Putin mit der Drohung, die Insel im Meer versinken zu lassen, herzerfrischend abgeblitzt. Es liegt an uns, ob seine Fehlkalkulation doch noch aufgeht. Aggression lohnt sich leider fast immer irgendwie.
Gerald Grahammer, Lustenau