Problem Wolf?

Leserbriefe / 22.08.2023 • 18:47 Uhr

Das Konzept der Ideologie wird gerne bemüht, wenn gesellschaftliche Konventionen und soziale Praktiken kritisch hinterfragt werden. Gepaart mit dem Begriff Natur- und/oder Wolfsromantik bildet es beim Thema Wolf den argumentativen Rahmen jener Interessensvertreter, die ihre Wähler(innen) durch formelhaftes Wiederholen einfacher, aber prägnanter Schlagworte von ihrem Standing überzeugen wollen. Abgelenkt werden soll davon, dass die politischen Interessensvertreter bald 20 Jahre lang tatenlos zugeschaut haben und nicht nach geeigneten Maßnahmen gesucht haben, um den (Tier-)Schutz für ihre Nutztiere im topografisch offenbar herausforderndsten Ländle in Europa ex lege zu gewährleisten. Stattdessen werden wildökologische Gutachten bestellt, die illustrieren, was alles nicht geht, um danach zu behaupten, dass nur der Abschuss das probate Mittel ist. Gelindere werden gar nicht erst geprüft. Dass der Wolf als heimisches Großraubtier eine wichtige ökologische Rolle in der Biodiversitätslandschaft einnimmt, bleibt stets unerwähnt. Das Problem der Alpwirtschaft ist mitnichten der Wolf, sondern eine kurzsichtige, an ökonomischen Maximen orientierte Ideologie, die als Tradition maskiert und heroisiert wird. Dabei wird beharrlich verschwiegen, dass anthropogene Einflussnahmen – auch durch intensive Land- und Forstwirtschaft – die Biodiversität kontinuierlich und zum Teil unwiederbringlich zerstört (haben). Die Biomasse aller wildlebenden Landsäugetierarten beläuft sich weltweit nur noch auf 1,9 %, die der menschlich produzierten Nutztierarten beträgt dagegen 58,3 %.

Ulrike Schmid, MA, Götzis