Wo zwei oder drei …

Viele Aussagen, die im Laufe der Geschichte gemacht wurden, kennen wir auch heute noch. Denken wir z. B. an den berühmten Spruch von Julius Cäsar: „Ich kam, sah und siegte.“ Voll Selbstbewusstsein beschreibt der Feldherr und Politiker aus dem alten Rom auf diese Weise sein Handeln in einer konkreten Situation. Ähnlich verhält es sich bei vielen historischen Zitaten: Ein Augenblick der Geschichte wird treffend zusammengefasst.
Auch das Wort von Jesus, welches wir im Sonntagsevangelium hören, ist zu einem bestimmten Zeitpunkt gesprochen worden: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) Doch diese Aussage ist nicht zeitgebunden. Sie eröffnet eine Perspektive durch die Jahrhunderte. Nicht nur damals, sondern bis heute will Jesus bei den Menschen sein, die sich in seinem Namen versammeln. Wie kann man sich das vorstellen? Darauf mag uns ein Bild des bekannten Priesters und Malers Sieger Köder eine Antwort geben.
Priester und Maler
Sieger Köder (1925 – 2015) erhielt zunächst eine handwerkliche Ausbildung und wandte sich anschließend der Malerei zu. Er studierte zuerst Kunstgeschichte, dann Theologie und wirkte fortan als Priester und bildender Künstler. Als einen Propheten, „der halt nicht sprechen, sondern malen kann“, so hat er sich zeitlebens gesehen. In seinem unverwechselbaren Stil hat er Bilder von großer Aussagekraft gestaltet. Für unsere Evangelienstelle wollen wir seine Darstellung der Emmausjünger betrachten.
Emmaus erweitert
Die Geschichte der Emmausjünger (Lk 24,13-35) kennen wir aus der Osterzeit. Erschüttert von den Ereignissen des Karfreitags sind zwei der Jünger Jesu auf dem Weg in ihr Heimatdorf. Als Fremder gesellt sich Jesus zu ihnen, wird ihr Wegbegleiter und schließlich ihr Gast beim Abendmahl. Beim Brechen des Brotes erkennen sie ihn als den Auferstandenen, dann entschwindet er ihrem Blick. In unserer Darstellung sehen wir die beiden Jünger bei Tisch, gekleidet in Gewänder von kräftigen Farben und mit dem jüdischen Gebetsschal. Brot und Wein, in Erinnerung an das letzte Abendmahl, sind aufgetragen. In der Mitte am unteren Rand liegt aufgeschlagen die Heilige Schrift. Den Auferstandenen stellt der Künstler in seinem Werk nicht figürlich dar. In unserem Bild wird er durch eine Lichterscheinung an der Stirnseite des Tisches symbolisiert, auch für ihn stehen Brot und Wein bereit. Erweitert wird die biblische Szene durch zwei weitere Gestalten im Hintergrund an der Seite der Jünger. Sind die beiden nachdenklich, sind sie bedrückt? Jedenfalls stärken auch sie sich mit Brot und Wein.
Gegenwart
Viele Zeichen der Gegenwart Gottes unter den Menschen lassen sich in diesem Bild entdecken. Da ist zunächst die Mahlgemeinschaft der Jünger, die sich „in seinem Namen versammelt“ haben. Gottes Gegenwart in seinem Wort wird durch die aufgeschlagene Heilige Schrift angezeigt. Die Gaben von Brot und Wein, wie wir sie aus der hl. Messe kennen, erinnern uns an seine Gegenwart in der Eucharistie. Und schließlich ist es der Auferstandene selbst, dessen Gegenwart anschaulich angedeutet wird. Was die Darstellung für unsere Bibelstelle besonders interessant macht, sind die beiden zusätzlichen Figuren an der Seite der Jünger. Sie können stellvertretend für alle Menschen gesehen werden, die sich im Namen Jesu versammeln. So wird vermittelt, was im Sonntagsevangelium zum Ausdruck kommt: Die Gegenwart Jesu ist nicht zeitgebunden, sondern ist zu allen Zeiten für Menschen erfahrbar. Die Evangelienstelle und das Bild von Sieger Köder wollen eine Einladung sein, sich auf diese Begegnung immer neu einzulassen.
