Ungewollte
Schwangerschaft

Leserbriefe / 09.10.2023 • 19:39 Uhr

Bei aller Überzeugung von der Heiligkeit eines ungeborenen Menschen: Man muss sich hineindenken in die meist extremen Situationen „ungewollter Schwangerschaft“, um zu erkennen, wie schier übermächtig das Nein zu einer Schwangerschaft sein kann. Da ist es der verheiratete Familienvater, dessen Geliebte ihm mitteilt: Ich bin schwanger. Da ist es die fünfte oder sechste Erwartung eines normalen Ehelebens; da ist es einer Hoch-Vierzigerin „geschehen“ oder der heimlich Geliebten eines katholischen Priesters, oder es ist die Schwangerschaft „unserer“ vierzehnjährigen Tochter! „Nein“, wird gerufen. Und was vor allem nicht hätte sein sollen als Anfang der Krise: Die heimliche Liebschaft oder überhaupt ein eher planlos-sexuelles Verhältnis innerhalb oder jenseits von Ehe. Aber bringen nicht solche Situationen erst die tiefe Kluft zutage zwischen einer (allzu-)menschlichen Realität einerseits und der moralischen Überzeugung andrerseits, dass Abtreibung an sich nicht sein darf? R. Spaemann schreibt: „In allen Hochkulturen hat es stets eine tiefe Kluft gegeben zwischen den Überzeugungen der Menschen von dem, was eigentlich richtig wäre, und dem, was Menschen tatsächlich praktizieren. Das Besondere in unserer gegenwärtigen Zivilisation ist, dass man versucht, diese Kluft abzubauen und die Überzeugungen der Menschen dem statistischen Realverhalten anzupassen“, anstatt diese Kluft samt allen Verfehlungen vertrauensvoll hochzuhalten.

Peter Mathei, Alberschwende