Wie steht es mit der Gewissensfreiheit in der Medizin?
Im Zusammenhang mit der Abtreibungsdebatte in Vorarlberg steht in der Zeitschrift der päpstlichen Missionswerke „Alle Welt“ ein Artikel, der mich sehr erschreckt hat. Er weist unter anderem auf ein Problemfeld hin, dem bisher nur am Rande Beachtung geschenkt wird. Das ist die Einschränkung der Gewissensfreiheit in einigen Berufssparten. Trotz deren speziel-
len Schutzstatus in geltenden Menschenrechtsverträgen wird die Gewissensfreiheit manchmal sogar systematisch bedroht, wie ein Fall aus Deutschland zeigt. Dort soll laut aktuellem Entwurf des neuen Lehrplans für Medizinstudierende die verpflichtende Mitwirkung an Abtreibungen zum fixen Bestandteil des Studiums gemacht werden. Das würde Christen, die Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnen, mittelfristig gänzlich aus medizinischen Berufen in Deutschland verdrängen. In eine ähnliche Richtung geht die aktuelle Richtlinie der WHO, die dazu aufruft, Gewissensklauseln aus bestehenden Gesetzen zu streichen. Die Begründung: „Das Recht auf Zugang zu Abtreibungen darf nicht durch Verweigerung aus Gewissensgründen eingeschränkt werden“. Wenn diese Gesetze kommen, müssen wir uns fragen: Was für eine Generation von Ärzten und Krankenpflegern beiderlei Geschlechts ziehen wir da in Zukunft heran, wenn wir von vornherein eine ganze Gruppe von Menschen aus dem Beruf ausschließen? Nicht, weil sie dafür intelligenzmäßig oder moralisch ungeeignet sind, sondern nur, weil sie mit ihrer Überzeugung nicht mainstreampolitisch kompatibel sind?
Dr. Wolfgang Hämmerle, Lustenau