Krieg der Sternchen

Leserbriefe / 26.01.2024 • 17:38 Uhr

Zum Kommentar „Krieg der Sternchen“ von P. Bußjäger, VN vom 26. 1.:

Als „Krieg der Sternchen“ bezeichnet Herr Professor Bußjäger die Auseinandersetzungen um das sogenannte „Gendern“. Das ist treffend ausgedrückt, aber weiter stimme ich nicht zu. Selbst wenn man das wirre Sammelsurium von Sternchen, Schrägstrich, Binnen-I, Unterstrich und Doppelpunkt sowie die unzähligen fraglichen Fälle und kuriosen Wort-Neuschöpfungen vereinheitlichen würde, käme eine holprige und verkomplizierende, jeden Text beherrschende Schrift- und Sprachverunstaltung heraus – und genau das scheint gewünscht zu sein. Wie Herr Bußjäger ein solches Aufpfropfen von Seiten einer ideologischen Minderheit mit einem scheinbar harmonischen „Sprache verändert sich“ gleichsetzt, ist mir schleierhaft. Es ist beileibe keine Verschwörungstheorie, auch das „Gendern“ den weitreichenden Manipulationen einer sich moralisch überlegen fühlenden, tatsächlich abgehobenen Minderheit von politisch Korrekten zuzuschreiben. Man merkt die Absicht und ist verstimmt (Schiller). Ein vollumfängliches Gender-Verbot werden weder der deutsche „Rat für Rechtschreibung“ noch allfällige Bundesgesetze herbeiführen. An den autonomen Universitäten wird man den Studenten wohl weiterhin vorschreiben oder wenigstens wohlwollend nahelegen, ihre Masterarbeiten zu „gendern“, um die Erfolgsaussichten nicht zu dezimieren. Die grundsätzliche Einheitlichkeit einer jeden Schriftsprache ist an sich schon ein hoher Wert. Herrn Bußjägers Freude über breit aufgefächerte Sprachregelungskompetenzen mag in seiner generellen völkerrechtlichen Bevorzugung von Föderalisierung als Patentrezept liegen; auf diesem Gebiet kann ich das nicht nachvollziehen.

Gerald Grahammer, Lustenau