Wenn Macht
machtgeil macht
Vor 25 Jahren – ich war Nachtschwester in einem Altenheim – erzählten mir in ruhigen Stunden hochbetagte Menschen wiederholt vom Grauen beider Weltkriege samt dem großflächigen Verlust menschlicher Werte. Manche sprachen mahnend von heimlichen Vorboten, die unsere Gesellschaft schleichend infiltrieren. Mannigfache Ängste werden geschürt. Als ideales Hilfsmittel gezielt eingesetzt von Machthungrigen. In kleinen Dosen durchdringt die Manipulation unser Fühlen und Denken. 2015 ergriff mich als Nachkriegsgeborene ein Gefühl der Beklemmung. Nicht aufgrund fremder Menschen und ihrer Kultur, sondern wegen möglicherweise unheilvoller, religiöser Ideologien. Heute spüre ich erneut eine enorme Gefahr, die allerdings dieses Mal direkt unserem eigenen Volk entsprungen ist. Die politische Entwicklung in Europa hat sich in eine Richtung bewegt, die sich auch in den Vorkriegsjahren abgezeichnet hat. Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen von damals und schon wieder tritt das Vergessen an die Stelle von Vorsicht, Achtsamkeit und Menschlichkeit, die grundsätzlich etwas sehr Schützendes in sich bergen. Die derzeitigen Umfragewerte – wenn man ihnen trauen kann – zeichnen für mich als sehr positiv denkenden und mitfühlenden Menschen ein enorm düsteres Bild für unsere Zukunft. Zum Glück haben wir derzeit noch die Wahl, trotz Politikverdrossenheit unser Leben in einer scheinbar noch funktionierenden Demokratie selber mitzubestimmen. Jede menschliche Stimme zählt.
Anni Mathes, Bludesch