Brauchtum, Spektakel oder makaber –
die Funkenhexe
Meine Kinder haben letztes Jahr begeistert mitgemacht beim Bauen des Kinderfunkens, beim Anmalen der Hexe und sogar einen Namen durften sie der Hexe geben. Dann begann das Spektakel und die Hexe brannte lichterloh. Meine vierjährige Tochter brach in Tränen aus: „Das tut der Hexe doch weh im Feuer. Sie machen unsere Hexe kaputt.“ Ich kenne den Funkenbrauch von klein auf und habe nie darüber nachgedacht. Doch wenn man bedenkt, dass einst Frauenverbrennungen auf dem Scheiterhaufen „normal“ waren, dann kann man sich an diesem Spektakel nicht mehr erfreuen. Eine menschliche Puppe zu verbrennen ist definitiv makaber.
Ich setze mich aktiv ein gegen Gewalt an Frauen. Jede dritte Frau in Österreich ist von Gewalt betroffen. Gewalt gegen Frauen ist ein gesellschaftliches Problem und versteckt sich auch hinter Traditionen. 2021 geschah in Wien ein besonders grausamer Femizid: Eine Frau wurde durch ihren Ex-Partner lebend in Brand gesetzt und ermordet.
Der Historiker Dr. Manfred Tschaikner hatte bereits 1996 formuliert: „Nach all dem, was gerade in unserem Jahrhundert geschehen ist und immer noch geschieht, kann es kein Vergnügen mehr sein, auch nur irgendetwas Menschenähnliches unter dem Applaus einer entzückten Menge verbrennen zulassen. Ob bewusst oder unbewusst zelebriert: Auch symbolische Brutalität ist abstoßend.“
Angela Schmid, Feldkirch