„Fasten seatbelts“

Leserbriefe / 16.02.2024 • 18:25 Uhr
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Dies erscheint als Aufruf während eines Fluges im Flugzeug im Display vor deinem Sitz. Bitte anschnallen, mach dich fest, gib dir Halt, damit du die eventuell auftretenden Turbulenzen gefahrlos überstehst. Also: mache dich fest! Ich denke, die vorösterliche Fastenzeit, die am Aschermittwoch begonnen hat und vierzig Tage dauert, ist dazu geeignet, sich selbst dahingehend zu hinterfragen, was mir in meinem Leben Halt gibt, woran ich mich festmachen kann. Dabei ist es in meinen Augen wichtig, sich selbst einmal zu fragen, was ich alles habe und nicht von vorneherein darüber zu jammern, was mir fehlt.

Persönliche Werte

Kein wirkliches Menschsein kommt ohne persönliche Werte aus. Um davon nur zwei zu nennen: Freundlichkeit und Vertrauen. Freundlichkeit erleichtert den Umgang mit anderen Personen und dient somit auch dem Gemeinwohl. Sie ist gekennzeichnet durch ein respektvolles und wohlwollendes Verhalten einem Mitmenschen gegenüber, und auf diesem Hintergrund ist es möglich, ein gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Ich wünsche dir dieses Festmachen in diesen beiden, scheinbar für viele Zeitgenossen völlig unbedeutenden und überflüssigen Werten. Bedenke, es ist leicht, dort unter Umständen freundlich zu sein, wo ich weiß, dass ich vom Anderen etwas bekomme oder bereits erhalten habe.

Sittliche Werte

Kein Menschenleben kommt ohne diese sogenannten sittlichen Werte aus: auf Andere offen und respektvoll zuzugehen, sie nicht nur auszunützen und für die eigenen Zwecke zu missbrauchen, Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Wahrheit; Solidarität und Toleranz (ohne das eigene Wertverständnis grundsätzlich über Bord zu werfen). Ich wünsche dir offene Augen und ein offenes Herz, damit du wahrnehmen kannst, was wirklich ist und ein Herz, in dem viele zu Hause sein können.

Religiöse Werte

Auf der einen Seite sind diese religiösen Werte scheinbar für viele kein Thema mehr: Gelebter Glaube, Hoffnung, Liebe. Hauptsache „ICH“; alles andere ist mir egal. Und dass es da einmal einen gegeben hat, der uns eine Botschaft gebracht hat, die Menschen eingeladen hat, immer wieder miteinander seine Botschaft zu hören (sonntags), zusammenzukommen, Brot und Wein zu teilen (miteinander zu lernen, das Leben zu teilen, in allen Höhen und Tiefen); gemeinsam Gott zu danken (für das eigene Leben, für alle Fähigkeiten und Talente, die ich mitbekommen habe, um nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das Leben meiner Mitmenschen ein wenig heller und friedvoller zu machen), haben leider viele einfach vergessen oder – aus welchen Gründen auch immer – an den Rand geschoben. Somit hat der Mann aus Nazareth (Jesus Christus) höchstens jene Bedeutung, dass er wegen seiner Halsstarrigkeit damals am Kreuz gelandet ist. Nicht mehr. Also: keine Bedeutung für mich und für mein Leben. Deshalb ist auch das bevorstehende Osterfest für viele bedeutungslos geworden, abgesehen von Schokohasen und hartgekochten Eiern, die ich liebe. Und wir diskutieren viel lieber darüber, ob der uralte Brauch einer Funkenhexe noch zeitgemäß ist, anstatt sich auf Jesus Christus und seine Botschaft zu besinnen und Orientierung von dort zu holen, von ihm, der in jedem Menschen, egal welcher Rasse, Sprache, Hautfarbe und Lebenseinstellung, ein Kind des liebenden Gottes gesehen hat. Ich wünsche dir, dass du deine eigene Taufe und Firmung ernst nimmst und nicht im Leben deiner Pfarrgemeinde nur durch Abwesenheit glänzt. Also, woran machst du dich fest? Welche lebensbejahenden Werte bestimmen dein eigens Leben?

Roland Trentinaglia, Pfarrer von Hohenweiler, Hörbranz und Möggers.
Roland Trentinaglia, Pfarrer von Hohenweiler, Hörbranz und Möggers.