Misanthropie

Leserbriefe / 17.03.2024 • 19:21 Uhr

Einen hemmungslosen Realitätsverwerter, einen wenig liebenswürdigen Menschenfresser im Tarngewand des misanthropischen Einsiedlers könnte man einem kriegswütigen Präsidenten auf dieser verrohten Welt konstatieren, denn seine Erfolgserlebnisse sind nur in seiner Zerstörungswut und massiven Menschenrechtsverletzungen zu finden. Im gesellschaftlichen Leben muss es nicht gerade mit dem Älterwerden zu tun haben, wenn jemand misanthropische Züge zeigt; da gibt es für die Entstehung dieses persönlichen Missstandes doch mannigfache Umstände, die durchaus einen Umkehrschluss zulassen, wenn die betroffene Person Erfolgserlebnisse einfährt und das Vertrauen wiederhergestellt wird. Fakt ist, dass in dieser Weltanschauung die anarchistische Ablehnung jeglicher Autorität in Frage gestellt wird, wo eine immer stärker hervortretende Neigung zu einer misanthropischen Weltbetrachtung vor fast nichts mehr Halt macht und viele Menschen von einer derartigen Veranlagung betroffen sind.Ein Misanthrop „lebt“ doch häufig im Glauben an die eigene Unfehlbarkeit, welcher in den Menschen sittenlose Ungeheuer zu erblicken scheint, und eben denen mit Hass begegnet und sich durch Flucht zu entziehen versucht. Ein Staatenlenker, der seit zwei Jahren die übrige Welt mit Atomstreitkräften bedroht, zeigt, wie der in der Kritik der Aufklärung stehende Menschenfeind allmählich zum Kritiker derselben wird und sich paradoxerweise wandelt und von einer lächerlichen Gestalt zum rebellischen Kämpfer für Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit mutiert.

Sabine Windberger, Bregenz