Selbstachtung
Lena Schilling
Die Diskussion um Lena Schilling ist wieder aufgeflammt und wird nie mehr ganz verlöschen. Was sie jüngst unter juristischem Druck zugab, ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Verunglimpfungen kommen meist zu Wahlkampfzeiten, wenn es um die Wurst geht, leider gehäuft vor. Aber Frau Schillings Eskapaden fanden privat oder im umweltaktivistischen Vorfeld statt. Damit lassen sie weniger auf politische „Zielgerichtetheit“ schließen, sondern auf ihren Charakter. Die Kaltschnäuzigkeit und Schwere ihrer Anschuldigungen bilden eine eigene Kategorie. Als Krux sehe ich jene Vorwürfe, in denen sie Männer beschuldigt, ein sexuelles Verhältnis mit ihr gehabt zu haben. Wie krank ist das, anderen ein rufschädigendes Fehlverhalten anzuhängen, an dem man selbst beteiligt gewesen sein will? Wie viel Selbstachtung hat diese junge Frau, den Umgang mit ihr selbst als Mittel der Diskreditierung einzusetzen? Geht’s noch krasser? Und welcher Teufel hat die Grünen geritten, eine Täter-Opfer-Umkehr vorzunehmen, und das bei einer –schon vor Schillings Eingeständnis – erdrückend gegen sie sprechenden Beweislage? Die Grünen haben damit ihren Nimbus einer Saubermann/-frau-Partei eingebüßt. Hinzu kommt, dass gerade die Geschlechtersensibilität für sie identitätsstiftend ist. Gilt diese notfalls auch gegenüber Männern? Spielt es eine Rolle, welche Folgen solche Anschwärzungen beruflich und familiär für die Diffamierten haben?
Gerald Grahammer, Lustenau