„Der Freischütz“
Zum VN-Bericht von Andreas Marte zur Premiere von „Der Freischütz“, VN vom 18. Juli:
Ja, was war denn das wieder für eine kleine Gaunerei der Bregenzer Festspiele, ihrem diesjährigen „Freischütz“ durch den Regisseur eine erfundene Finale-Auslegung unterzuschieben?! Wahrscheinlich hat dieser den anwesenden Musik-Kritikern bei einer Konferenz von zwei angeblichen Finale-Varianten durch Carl Maria v. Weber erzählt, was völlig unwahr ist, denn es existiert laut Partitur nur eine Version. Ich habe mich schon gewundert, warum in der Kritik das zugrunde liegende Sagenbuch von Apel und Laun erwähnt wird, und nicht das entscheidende Libretto (Textbuch) von Friedrich Kind. Dieser hat den ursprünglichen tragischen Ausgang durch einen positiven gewandelt und mit der damals hochstehenden humanistischen und sittlichen Idee ersetzt: Der Sieg des Himmlischen über die Mächte der Finsternis! Und so hat es auch Carl Maria v. Weber vertont – und zwar nur so! Friedrich Kind wollte sogar einen Prolog über den Besuch der Agathe beim Eremiten an den Anfang stellen, was der Komponist aber aus dramaturgischen Gründen ablehnte. Es ist schon erstaunlich, was die heutigen „Opern-Regisseure“ alles finden, nur damit sie irgendeine kindische oder makabre Nebengeschichte einbauen können. Ich schließe mit dem Wort des großen engl. Schauspielers Laurence Olivier: Niemand auf der Welt ist so wehrlos wie ein toter Autor gegen einen lebenden Regisseur!
Günther Simonott, Kapellmeister, Bludenz