Psychiater als
Wolfexperte

Leserbriefe / 01.09.2024 ‱ 17:35 Uhr

Niemand wĂŒrde dem prominenten Gerichtspsychiater und VN-Kommentator Expertise im Bereich der Psychiatrie absprechen – er hat sie mittels Gutachten, BĂŒchern und Publikationen zurecht verdient.

UnverstĂ€ndlich ist es aber, dass die VN demselben eine Plattform als „Wolfexperten“ wiederholt zur VerfĂŒgung stellen. Vor ĂŒber 100 Jahren grausam ausgerottet, sitzt die irrationale Furcht vor dem Wolf tief in Kreisen der Bevölkerung, beflĂŒgelt durch MĂ€rchen und Gruselgeschichten. Politmandatare suggerieren martialisch „rote Linien“, um Klientelpolitik im Wahljahr zu bedienen. Wolfmanagement ist komplex, wie Erfahrungen aus Frankreich, der Schweiz und Italien zeigen, wo sich Wildbiologen, Zoologen und VeterinĂ€re damit beschĂ€ftigen. Die Alpwirtschaft wird sich, wie in NachbarlĂ€ndern, an den Wolf gewöhnen und mit öffentlichen Mitteln in Schutzmaßnahmen investieren mĂŒssen.

Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie ein hohes Gut, das gilt auch fĂŒr die Privatansicht eines Psychiaters. Bedenklich stimmt es, wenn Laienmeinungen unkorrigiert als „Expertenwissen“ verbreitet werden. Der prominente VN-Kommentator sollte sich eher Gedanken machen um die Verrohung der Politik, wenn man europaweiten KĂ€lbertransporten jahrzehntelang untĂ€tig zusieht, den Sadismus von TierquĂ€lern, die einer Kuh die Zunge herausreißen, oder das Psychogramm derer, die spaßhalber auf Haustiere schießen. Aber eben Wolfexperte ist er keiner, der Psychiater. Ist da vielleicht ein wenig Hybris dabei ?

Armin Fidler, Bregenz