„Blau-Schwarz wird wahrscheinlicher“
Zur VN-Analyse von Christian Rainer in den VN vom 25. 11. 2024:
Christian Rainer hält es in seiner Analyse für eine „Chuzpe (Frechheit), den Bundespräsidenten und den Bundeskanzler für die Misere (der steirischen ÖVP) verantwortlich zu machen“, nennt diesen „Angriff auf den Bundespräsidenten gefährlich, perfide und ungerecht“ und befürchtet, dass „damit das Vertrauen in das Amt (des Bundespräsidenten) untergraben wird“, als wäre unser Staatsoberhaupt ein jeglicher Kritik seiner Untertanen entzogener sakrosankter Monarch. Die in einem einzigen Satz unserer Bundesverfassung geregelte Bestellung des Bundeskanzlers (Art. 70: „Der Bundeskanzler … wird vom Bundespräsidenten ernannt.“) lässt dem Bundespräsidenten zwar einen großen Spielraum, bedeutet jedoch noch lange keinen Freibrief. Umso wichtiger sind daher sogenannte „Usancen“, um Rechtssicherheit zu erzeugen und Willkür zu verhindern. Natürlich hat die stärkste Partei nicht automatisch den Kanzler zu stellen. Sie soll jedoch – wie seit Jahrzehnten üblich – als erste mit der Regierungsbildung beauftragt werden und erst bei Scheitern der nächststärksten Platz machen müssen. Alles andere ist eine demokratiepolitisch bedenkliche Missachtung des Wählerwillens. Unsere angeblich „elegante“ Verfassung enthält viele vage Normen, weswegen solche „Usancen“ nicht leichtfertig ignoriert werden sollten. Die wirkliche „Chuzpe“ ist daher, dass Van der Bellen als Bundespräsident zwar seine grüne Parteimitgliedschaft ruhend stellen ließ, seine Aversion gegen alles Blaue offensichtlich jedoch nie aufgegeben hat.
Dr. Jörg Frey, Feldkirch