Entsetzen aus gutem Grund
Wenn Kardinal Schönborn im Fernsehen sein blankes Entsetzen über die Haltung und Äußerungen führender Politiker Österreichs in Bezug auf die bei uns Zuflucht Suchenden, eine solche auch gefunden haben, zum Ausdruck bringt, so fragt es sich, wie solche grausamen Aussagen und Drohungen erst von den betroffenen Flüchtlingen selbst ertragen werden können. Wir alle müssen uns fragen, ob ein solcherart gezeigtes Verhalten noch als ein zu schützendes christliches Verhalten gesehen werden kann. Ich glaube vielmehr, dass hier folgende Bibelzitate besser passen: „Jesus, betete, Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“ (LK 23,34). Wir alle sollten uns hier nicht so verhalten, wie der damalige Pöbel es gegenüber Pilatus getan hat und lauthals schrie: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!“ (Mt 27,25) Die Alten von uns haben noch als Kinder selbst erlebt, welche Folgen durch einen Tyrannen ausgelöst werden können. Wenn Politiker schon mit dem Kreuz in der Hand die Verteidigung der Sitten des christlichen Abendlandes fordern, dann sollten sie gerade hier unter Beweis stellen, dass die Worte von Jesus, die er dereinst an uns alle richten wird – „Was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. (Mt 25,45) Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben“ (Mt 25,46) – auch von uns noch ernst genommen werden sollten, also noch eine Bedeutung haben.
Dr. Hermann Böckle,
Dornbirn