Leserbrief: Kolonialreich

Leserbriefe / 20.03.2025 • 14:20 Uhr

Otto Habsburg hat Russland auch nach 1991 nie anders als „das letzte große Kolonialreich der Erde“ gesehen, was sich mit einem Blick auf Landkarte und Bevölkerungsstatistik beweisen lässt. Mit dessen möglichem Zusammenbruch hat sich die Paneuropaunion kürzlich auf einem Kongress mit ethnischen Minderheitsvertretern befasst. Zu den innerstaatlichen Problemen mit asiatischen Völkerschaften gesellt sich noch das Monsterproblem der jahrzehntelangen physischen Infiltrierung Sibiriens durch Chinesen. „Die Chinesen passieren unsere Grenzen in kleinen Gruppen – von je hunderttausend“. Diesen Witz hatte Schachgroßmeister Kasparow 2006 in Irkutsk aufgeschnappt. Ostsibirische Städte haben schon chinesische Schattenstrukturen, wie die „WELT“ jüngst berichtete. Otto Habsburg beschrieb dieses Thema erstmals 1959 nach einer schonungslos offenen internen Rede Chruschtschows. Habsburg verwies öfters auf das chinesische Staatsdogma der „Zwölf ungleichen Verträge“, bei dem es um die Wiederherstellung historischer Grenzen geht, die China geduldig, aber zäh verfolgt. Russland gerate langfristig in die Situation, „selbst ein Satellitenstaat (der Chinesen) zu werden“ (1959!). Trotz aller Scheinfreundschaft wird heute deutlich, wer das Hündchen an der Leine des anderen sein wird. Noch gilt für uns allerdings, „dass in Russland eine sehr extreme Gruppe an der Macht sein wird“ und „was sich in Russland abzeichnet, ist furchtbar“ (1996 beim Besuch der VN-Redaktion). Genug zitiert.

Gerald Grahammer, Lustenau