Leserbrief: Siegesparade in Moskau

Bei der pompösen Siegesparade am 9. Mai in Moskau hat sich Wladimir Putin gebärdet, wie wenn er gegen Nazideutschland gesiegt hätte. Dabei ist er erst 1952 geboren. Die ganzen Siegesfeiern gegen Deutschland muss man sowieso ein wenig differenzieren. Die Sowjetunion – und nicht Russland – hat nur an der Ostfront den Sieg errungen. Die Westfront wurde durch die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland aufgerollt. Die Ostfront konnte ja nur gehalten werden, weil die Russen durch Truppen aus der Ukraine, aus Belarus, aus Georgien und aus den diversen ehemaligen asiatischen Staaten der Sowjetunion verstärkt wurden. Im Weiteren vergisst Putin geflissentlich, dass die Sowjetunion wahrscheinlich untergegangen wäre, hätten die USA nicht mit massiven Kriegsmateriallieferungen im Wert von 11½ Milliarden Dollar Unterstützung geleistet. Unter anderem wurden 14.700 Flugzeuge, Panzer, 52.000 Jeeps, 375.000 Lastwagen und noch vieles mehr geliefert. Außerdem ganze Fabriken (u. a. ein riesiges Werk zur Produktion von Autoreifen), Schiffe, Hochöfen, Lokomotiven und ganze Krankenhäuser. Und zum Schluss kommt noch das Beste: Trotz der Zusicherungen der Russen und trotz unterzeichneter Verträge haben sich die Russen seit Beendigung des Krieges geweigert, eine Abrechnung auch nur zu diskutieren. Sie besaßen sogar die Unverfrorenheit, die »kapitalistischen Erzfeinde« um einen neuen 6-Milliarden-Dollar-Kredit zu ersuchen.
Ernst Vontobel, Widnau (CH)