Leserbrief: Unsichtbare Last für Geschwisterkinder

Ich bin alleinerziehende Mama von drei Kindern. Zwei davon haben Beeinträchtigungen, eines davon eine schwere Mehrfachbeeinträchtigung. Unser Alltag ist geprägt von Pflege und einem ständigen Balanceakt zwischen Verantwortung und Überforderung. Was macht das mit meinem dritten “gesunden” Kind? Dieses Kind muss stark sein, Rücksicht nehmen, Geduld haben. Es hilft, tröstet, verzichtet. Aber es spürt meine Erschöpfung, die ständige Sorge, das gesellschaftliche Wegsehen. Sollen jetzt wirklich Unterstützungsangebote gestrichen werden? Diese Kürzungen in der Familienentlastung treffen uns mit voller Wucht. Schließtage, “Herbstferien”, Entlastungsstunden – all das wird weniger und teurer. Ich bin wütend über diese unverschämten Kürzungen im Sozialbereich, über politische Entscheidungen, die auch Geschwisterkinder im Stich lassen. So müssen “gesunde” Geschwisterkinder viel zu früh Verantwortung übernehmen, da notwendige Entlastungshilfen fehlen. Die aktuellen Kürzungen treffen ganze Familiensysteme. Wo bleibt die Chancengleichheit, wenn diese Familien vergessen werden, die am dringendsten Unterstützung brauchen? Es darf nicht sein, dass wir und unsere Kinder unter einem Rotstift leiden, der kein Gesicht kennt, der gerade Familien mit beeinträchtigten Kindern finanziell bestraft und zeitlich ausgebeutet werden. Ich wünsche mir mehr Sichtbarkeit für Geschwisterkinder und gezielte Angebote für betroffene Familien – und eine Politik, die nicht an den Schwächsten spart.
Brigitte Seeberger, Bludenz – eine betroffene Mama