Leserbrief: Postenschacher, Skandale, Reformstau: Wo bleibt die politische Substanz?

Leserbriefe / 01.12.2025 • 15:45 Uhr
Leserbrief: Postenschacher, Skandale, Reformstau: Wo bleibt die politische Substanz?

Der Vertrauensverlust in die Politik ist selbst verschuldet. Früher standen Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt, Bruno Kreisky oder Franz Josef Strauß für Bildung, Charakter und Haltung. Heute müsste man vielen Politikerinnen und Politikern Kreiskys Satz “Lernen Sie Geschichte, Herr Reporter” fast täglich mitgeben. Und Schmidts “In der Krise zeigt sich der Charakter” wirkt wie ein Kommentar zur Gegenwart. Statt sich fachlich einzuarbeiten, perfektioniert man politische Kosmetik. Anstatt Akten, Studien und Berichte zu lesen, jagt man von einem Fototermin zum nächsten – Hauptsache Kamera statt Kompetenz. Dabei gilt: Wissen ist Macht – und Verantwortung gegenüber allen Mitbürgern. Strauß warnte: “Everybody’s Darling ist everybody’s Depp.” Man sieht die Folgen vor Ort: Wenn der Dornbirner Bürgermeister am Bahnhof medienwirksam Holzklötze von Bänken schraubt, während Fragen zur Zukunft des Stadtspitals offenbleiben, stimmt etwas im System nicht. Wir brauchen neue Köpfe mit Mut zu echten Reformen. Liebe Politiker: Traut euch! Das Wahlvolk geht mit – wenn man ehrlich erklärt, warum Veränderungen nötig sind. Das schnelle Vergessen, wie nach der Ibiza-Affäre, ist kein Freibrief. Und wir brauchen Menschen, die Reformen verstehen und gestalten können – nicht Figuren, die Politik mit Marketing verwechseln. Vielleicht hilft ein Blick in Erwin Prölls neuem Buch “Verlässlich echt”: Glaubwürdigkeit wird nicht inszeniert – sie wird erarbeitet.

Otto Bechter, Dornbirn