Stadtspitze bereitet Hofübergabe vor

Vorarlberg / 19.01.2018 • 18:55 Uhr
Im geschichtsträchtigen Feldkircher Rathaus dürfte in absehbarer Zeit ein neuer Bürgermeister Einzug halten. VN
Im geschichtsträchtigen Feldkircher Rathaus dürfte in absehbarer Zeit ein neuer Bürgermeister Einzug halten. VN

Auf Langzeitbürgermeister Wilfried Berchtold soll in Feldkirch Rainer Keckeis folgen.

Feldkirch Ein Urgestein der Vorarlberger Kommunalpolitik ist seit geraumer Zeit mit der geordneten Hofübergabe im Rathaus und der Weitergabe des Zepters an der Stadtspitze beschäftigt: Wilfried Berchtold (63, VP), seit nun bald 27 Jahren Bürgermeister der Stadt Feldkirch, hat seinen Rückzug aus dem Amt eigentlich schon vor den jetzt groß angelaufenen Feierlichkeiten zum 800-Jahr-Jubiläum der Montfortstadt wohlüberlegt in die Wege geleitet. Die Nachfolgerin im Stadtchefsessel stand mit Vizebürgermeisterin Barbara Schöbi-Fink (57) eigentlich so gut wie fest.

Wie das aber oft so ist im politischen Leben: Es kommt meist anders, als man denkt. Gleichsam dazwischengefunkt hat Wilfried Berchtold jetzt in seinen Überlegungen die Landespolitik. Als nämlich Bernadette Mennel (58) für viele unerwartet ihren Ausstieg aus der Politik bekannt gab und ihren Rücktritt als Schullandesrätin erklärte, holte Landeshauptmann Markus Wallner (50) die Feldkircherin Barbara Schöbi-Fink als neue Landesrätin auf die Regierungsbank nach Bregenz.

Routiniertes Stadtoberhaupt

Das routinierte Feldkircher Stadtoberhaupt sah sich damit vor wenigen Wochen zum raschen Handeln veranlasst. Wilfried Berchtold hat jetzt eine kompetente Alternative in der Person von Rainer Keckeis (59) im Auge. Dem Vernehmen nach soll der bisherige Direktor der Arbeiterkammer Vorarlberg und langjährige Stadtrat in Feldkirch im Verlauf dieses Jahres das Amt des Bürgermeisters in der Montfortstadt übernehmen. Rainer Keckeis gilt seit Langem als Vertrauter Wilfried Berchtolds, er ist zudem auch aus Sicht der ÖVP-Stadtpartei genau die richtige Wahl.

Während der langen Amtszeit von Wilfried Berchtold als Bürgermeister hat sich Feldkirch als Lebens- und Wirtschaftsstadt sehr positiv entwickelt. Auch was die Finanzen angeht, ist die 33.000-Einwohner-Stadt gut aufgestellt. Der Wohnbau floriert, auch die Stadtwerke entwickeln sich gut. Mit dem neuen, 40 Millionen Euro teuren Montforthaus ist ein modernes Kultur- und Kongresszentrum entstanden.

Entsprechend hoch „dekoriert“ schnitt Wilfried Berchtold, der seit 1991 im Amt ist, auch bei den jeweiligen Gemeindewahlen ab: 2010 etwa schaffte er bei der Bürgermeisterdirektwahl rekordverdächtige 76 Prozent. Der Stadtchef hat aber auch turbulente Zeiten erlebt, als er gar bundesweit in die Schlagzahlen geriet. Im Herbst 2010 war er von einer langjährigen Parteifreundin wegen Vergewaltigung angezeigt worden. Im Frühjahr 2011 wurde er in einem Prozess am Landesgericht Feldkirch von diesem Vorwurf freigesprochen. Die dagegen erfolgten Nichtigkeitsbeschwerden wies der Oberste Gerichtshof ab, womit der Freispruch rechtskräftig wurde. Bei der letzten Kommunalwahl vor drei Jahren wurde Wilfried Berchtold wiederum mit mehr als 52 Prozent Zustimmung der Wählerschaft als Feldkircher Bürgermeister bestätigt.

Wer folgt auf Barbara Schöbi-Fink?

Wer Barbara Schöbi-Fink nun als neuer Stadtrat und Vizebürgermeister folgen wird, soll am kommenden Montag in einer Sitzung der Stadtparteileitung bestimmt werden. Berchtold führt derzeit Gespräche mit mehreren Kandidaten und hat offenbar bereits konkrete Vorschläge parat. Die Vizebürgermeisterwahl im Rathaus soll bei einer regulären Sitzung am 6. März erfolgen. Zur eigenen Nachfolge im Stadtchefsessel wollte sich Wilfried Berchtold bislang freilich nicht öffentlich äußern; auch Noch-AK-Direktor Rainer Keckeis gibt sich bedeckt. Was die vorgesehene Wahl von Keckeis betrifft, die laut Gemeindegesetz frühestens ab April dieses Jahres in der Stadtvertretung erfolgen kann, wäre die VP bestimmt für ein Votum einer anderen Fraktion dankbar, die Volkspartei besitzt nämlich seit der letzten Gemeindewahl nicht mehr die absolute Mehrheit.

Zur Person

Rainer Keckeis

Geboren: 25. Juni 1958

Familienstand: verheiratet, drei Kinder

Ausbildung: HTL für Holzwirtschaft, Sozialakademie Mödling, Europarechtslehrgang Universität St. Gallen, Masterstudium Universität Krems

Werdegang: 1979 bis 1981 Holzkaufmann, 1982 bis 1986 Landessekretär Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1986 bis 1996 Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit AK Vorarlberg, ab 1991 bis 1997 AK-Vizedirektor, 1996 bis 1997 Ratssekretariat Brüssel, 2003 geschäftsführender Direktor AK Vorarlberg, seit 2006 AK-Direktor und ab 2005 Stadtvertreter und Stadtrat für Stadtwerke und Energie

Mag. Wilfried Berchtold

Geboren: 21. Juni 1954

Familienstand: verheiratet, vier Kinder

Ausbildung: Matura in Feldkirch, Hochschule für Welthandel in Wien mit Sponsion zum Magister, Landesbildungszentrum Schloss Hofen Universitätslehrgang zum Exportkaufmann

Werdegang: 1980 bis 1986 Landtagsklub- und Landesparteisekretär, 1986 bis 1991 Referent für Außenhandel in der Wirtschaftskammer Feldkirch, seit 22. Juli 1991 Bürgermeister der Stadt Feldkirch, 1992 bis 1995 Obmann des Feldkircher Gemeindeverbandes für Abfallwirtschaft und Umweltschutz und 1995 bis 2011 Präsident der Vorarlberger Gemeindeverbandes