Hochwasser in Vorarlberg: “Prävention ist der beste Schutz”

Lokal_N / 03.06.2024 • 15:11 Uhr
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Hochwasser in Hörbranz. Wie man sich auf die zunehmenden Schadensereignisse vorbereiten kann und wie man sich richtig versichert, wird deshalb zunehmend wichtiger. VN/Steurer

Die richtigen Vorkehrungen für Hochwasser und die richtigen Versicherungen schützen im Katastrophenfall.

Schwarzach, Bregenz Starkregen sorgt seit Donnerstag im Leiblachtal, und insgesamt im Norden des Landes für vollgelaufene Keller und Garagen. Auch Hänge sind ob der mit Wasser vollgesogenen Böden wieder in Bewegung, das gilt auch für den seit vergangenem Jahr rutschenden Hang in Hörbranz. Und in nächster Nachbarschaft – im Allgäu wie im Bodenseekreis ist in weiten Teilen “Land unter” – ist die höchste Alarmstufe ausgerufen.

Über eine Milliarde Euro Schaden

In Österreich verursachen Naturkatastrophen inzwischen jährlich Schäden in Höhe von über einer Milliarde Euro, Tendenz steigend. Der Verband der Versicherungsunternehmen rechnet mit einer dramatischen Zunahme von Schadensereignissen. Auch für Vorarlberg rechnet Robert Sturn, Vorstandschef der Vorarlberger Landesversicherung und Sprecher der heimischen Versicherungsunternehmen, von einer weiteren Zunahme an Schadensfällen. „Naturkatastrophen nehmen zu, es gibt immer mehr Extremereignisse, und die Abstände dazwischen werden kürzer.“

VLV-Vorstand Sturn: Rasch handeln.  VN/PS
VLV-Vorstand und Sprecher der Vorarlberger Versicherungsbranche, Robert Sturn: “Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass sie längst nicht gegen alle Wetterereignisse versichert sind.”  VN/PS

Deshalb müsse man in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Gefahr schüren. Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass sie längst nicht gegen alle Wetterereignisse versichert sind, und wenn doch, dass  oft nicht alles zu 100 Prozent gedeckt ist. „Bei einem Erdrutsch greift die Versicherung, bei einer Mure aber nicht. Bei Hochwasser wiederum ist man nur im Kleinbereich bis meist 10.000 Euro versichert“, erklärt Sturn. Betroffene seien dann oft auf den Katastrophenfonds der Länder angewiesen und der helfe zwar, aber nur in einem begrenzten Umfang. Der Sprecher der Vorarlberger Versicherungsbranche weist eindringlich darauf hin, dass Versicherungen nur der zweitbeste Schutz sind. “Besser ist es, der Schaden entsteht erst gar nicht.”

Hochwasser Wetter Regen Hangrutsch Bildstein
Hangrutschungen (im Bild: Bildstein) können Millionenwerte vernichten, wie es im vergangenen Jahr in Hörbranz geschehen ist. VN/Paulitsch

Richtig versichert für Wetterschäden

Darauf müssen Versicherungsnehmer achten, solange es in Österreich keine Solidarversicherung für eine Volldeckung bei Naturkatastrophen gibt:

  • In den meisten Gebäude- und Haushaltversicherungen ist die Sturmschadenversicherung miteingeschlossen. Diese deckt Schäden durch Sturm, Hagel, Erdrutsch, Fels- und Steinschlag sowie Schneedruck.
  • Bei Starkniederschlägen ist nur der dadurch ausgelöste Erdrutsch versichert.
  • Schäden, die durch Oberflächenwasser, Grundwasser oder Hochwasser entstehen, sind grundsätzlich nicht versichert.
  • In vielen Versicherungspolizzen gibt es sogenannte erweiterte Naturgefahrendeckungen, die bis zu gewissen Versicherungssummen Schutz bieten.
  • Die  Polizzen prüfen bzw. den  Versicherungsberater kontaktieren, um zu klären, ob  man entsprechend versichert ist und gegebenenfalls, wie hoch die Deckungen für Naturkatastrophen sind.
  • Oft gibt es auch Einschränkungen der Deckungen, wenn die Gebäude in gefährdeten Zonen stehen.
  • Für die Versicherung sollten die Schäden dokumentiert werden und nach Möglichkeit unverzüglich dem Versicherungsunternehmen gemeldet werden. Schäden am Gebäude werden in der Regel nach Abstimmung mit dem Versicherer von Fachfirmen beseitigt.

Richtig Vorbereitet für Wetterereignisse

„Prävention ist die beste Versicherung“ – wie man sich auf Starkregen und Hochwasser vorbereiten kann:

  • Auskunft, ob das Wohngebäude von Hochwasser betroffen ist, geben die Gemeinden oder Informationsdienste, wie HORA (www.hora.gv.at) oder VOGIS.
  • Bei starken Niederschlägen kommt es häufig zur Überlastung der Kanalisation und somit zu einem Rückstau ins Wohngebäude. Der Einbau einer Rückstausicherung kann dem entgegenwirken und Schäden vermeiden.
  • Bauliche Maßnahmen, um den Wassereintritt in das Gebäude zu verhindern, sind der Einbau von wasserdichten Kellerfenstern, erhöhte Lichtschächte oder Mauern im Gefahrenbereich. Zusätzlich empfiehlt es sich mobile Schutzsysteme (Barrieren, Sandsäcke,…) anzubringen.
  • Es empfiehlt sich auf die „hochwertige“ Nutzung von gefährdeten Räumen im Keller nach Möglichkeit zu verzichten oder die Wahl der verwendeten Baumaterialien (z.B. Fliesen statt Parkett) anzupassen.
  • Die Elektroinstallation in Kellerräumen sollte nach Möglichkeit „wassersicher“ eingebaut werden (Verzicht auf bodennahe Steckdosen).
  • Mit entsprechenden Vorkehrungen, wie dem Anbringen von Barrieren und vorsorglichem Aufstellen von Pumpen, ist man für den Notfall recht gut gerüstet.
ABD0032_20240529 – BURGAU – …STERREICH: ++ HANDOUT ++ ZU APA0104 VOM 29.5.2024 – Rund 80 EinsatzkrŠfte waren mit Ÿberschwemmten Stra§enzŸgen in der Gemeinde Burgau beschŠftigt. Wie die Feuerwehr mitteilte, traten in Folge schwerer RegenfŠlle FlŸsse und BŠche Ÿber die Ufer. Das Wasser floss auch in Keller und Innenhšfe von HŠusern. Neben Pumparbeiten wurden SandsŠcke eingesetzt, […]
Hochwertige Nutzungen in Kellerräumen bieten ein hohes Schadenspotenzial. APA

Lösung Solidarversicherung</p>

Seit gut zwanzig Jahren liegt eine Lösung zur Versicherung bei Naturkatastrophen in den Schubladen der Politik, die eine Volldeckung der Schäden bei Naturkatastrophen ermöglichen würde. „2005 ist die damalige Regierung an die Versicherungsunternehmen herangetreten, sich eine Lösung für Naturkatastrophen zu überlegen. Diese hat der Verband dann auch ausgearbeitet. Betroffene hätten damit einen Rechtsanspruch“, erklärt Sturn. Auch die Prämie dafür wäre vertretbar. „Die Rechnung damals waren 15 Euro im Monat für ein Gebäude mit einem Wert von 400.000 Euro für eine Volldeckung im Rahmen der Feuerversicherung.“ Das Konzept funktioniert aber nur im Rahmen einer Solidarversicherung, die alle Haushalte umfasst. Die Schweiz hat bereits seit vielen Jahren ein solches Modell. Hier bezahlen alle für die Elementarschadenversicherung dieselbe Prämie, egal in welchem Gebiet sie wohnen.