Spar wehrt sich gegen Kartellregeln

Preisabsprachen zwischen Lieferanten und Händlern unbedingt notwendig, so Drexel.
Wien. (VN-ebi) Die österreichischen Wettbewerbshüter ermitteln gegen den Lebensmittelhändler Spar. Auch einige seiner Vorarlberger Lieferanten – der Fruchtsaftkonzern Rauch, der Bierhersteller Mohrenbräu und Vorarlberg Milch – gerieten ins Visier der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). All diese Firmen sind sich aber keiner gezielten Verfehlung bewusst. Nur die Vorarlberger Mühlen haben bisher eine Strafe von 58.500 Euro ausgefasst, weil sie mit Rewe und Spar Preise abgesprochen hatten.
Spar geht in die Offensive
Für den Spar-Vorstandsvorsitzenden Gerhard Drexel schießt die BWB damit deutlich übers Ziel hinaus, wie er gestern bei einer Pressekonferenz in Wien betonte. Mit ihren Kartellregeln würde die BWB nämlich sowohl den Konsumenten als auch dem Wirtschaftsstandort Österreich Schaden zufügen. Jeden unter Kartellverdacht zu stellen, der über die Verkaufspreise spreche, sei falsch. Denn diese vertikalen Vereinbarungen zwischen Händlern und Produzenten seien unbedingt notwendig, um gut zu wirtschaften, so Drexel.
Während die BWB behauptet, dass diese Preisabsprachen zu höheren Verkaufspreisen und damit zu volkswirtschaftlichen Schäden führten, ortet Drexel einen gegenteiligen und durchaus positiven Effekt: Niedrigere Verkaufspreise und damit eine niedrigere Inflation waren das Ergebnis aller Szenarios, die er gestern in Wien präsentierte.
Nur ein Beispiel: Hersteller und Händler müssten Aktionswochen und -preise untereinander abstimmen. „Wir verkaufen zum Beispiel bei einer Minus-25-Prozent-Aktion auf einen Qualitätswein die sechsfache Menge, bei einer Minus-50-Prozent-Aktion das 40-Fache.“ Wenn der Hersteller aber keine Kenntnis über den Aktionspreis und die Aktionsperiode haben dürfe, so werde er nur einen Bruchteil der Menge liefern können.
„Die BWB entzieht der Nahrungsmittelindustrie die Preispolitik und führt uns damit – besonders in Aktionszeiträumen – ins Chaos“, betont Drexel.
Für den Spar-Chef stellt sich damit die Frage, wie Lebensmittelhändler und -produzenten künftig in Österreich überhaupt noch agieren können. Er forderte die Sozialpartner daher auf, „gemeinsam konstruktive Vorschläge für Verhaltensregeln zwischen Produzenten und Händlern zu erarbeiten“. Peter Schnedlitz, Marketing- und Handelsexperte der Wirtschaftsuniversität Wien, wünscht sich, dass ein solcher Verhaltenskatalog den Herstellern und Händlern „Orientierung, also Sicherheit“ gibt: „Das Problembewusstsein, wie es die BWB geschaffen hat, ist gut.“ Schließlich herrsche im österreichischen Lebensmittelhandel eine hohe Konzentration. Dem Chef von AMA Marketing, Michael Blass, zufolge kommen alleine Rewe, Spar und Hofer auf einen Marktanteil von rund 85 Prozent. Dass die Händler untereinander – also horizontal – Preise absprechen, müsse auch weiterhin verboten sein, das stehe fest, so Schnedlitz. „Aber im vertikalen Bereich – zwischen Handelsunternehmen und Herstellern – muss es unbedingt Flexibilität geben“, appelliert der Experte.
Jeden gleich unter Kartellverdacht zu stellen, ist falsch.
Gerhard drexel