Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Wird alles nicht so schlimm . . .

Markt / 13.11.2013 • 22:12 Uhr

Unangenehme Dinge schiebt der Mensch gerne von sich. Auch wenn er weiß, dass sie ihn unweigerlich einholen werden. Aber: Vielleicht passiert ein Wunder, vielleicht kommt alles ganz anders. Und dann wäre es doch unverantwortlich gewesen, wenn man Aufruhr erzeugt hätte, wenn Panik oder auch nur Ärger bei den Betroffenen aufgekommen wäre. Diese Verhaltensweise mag menschlich sein, besonders auffällig ausgeprägt ist sie aber beim „Homo politicus“ – auf der ganzen Welt übrigens und nicht nur in Österreich.

Noch weiter weggeschoben als sonst werden unangenehme Wahrheiten vom Politiker in Wahljahren, und deshalb dauerte es so lange, bis in Österreich alle anderen Nachrichten im großen Budgetloch verschwanden. Es könnte freilich sein, dass die schiere Größe so abstrakt ist, dass das Loch auch das Entsetzen der Bürger zu verschlingen droht. Das stellt sich in Form einer politischen Apathie dar: Man reagiert nicht auf die Geschehnisse und lässt die Politik Politik sein. Ein gefährliches Spiel: Denn erstens stimmt die Annahme, dass trotzdem alles so weitergeht wie bisher, nicht. Das kann man derzeit in den Euro-Krisenländern sehen. Und zweitens wird sich die Politikerverdrossenheit weiter verstärken. Das bedeutet: Noch weniger Wähler bei allfälligen Urnengängen, das bedeutet auch eine Zunahme radikaler Positionen und ihrer Vertreter. Das Weiterwursteln mag Faymann und Spindelegger nochmals einige Jahre an der Macht schenken, danach werden die Herrschaften vielleicht noch eine ordentliche Pension kassieren, mit dem politischen System, das in Österreich seit 1945 Usus ist, wird dann aber endgültig Schluss sein.

Aus den Regierungsverhandlungen in Wien hört man „Durchtauch“-Parolen, auch Zahlenspiele erfreuen sich großer Beliebtheit – da machen auch Landeshauptleute gerne mit, wie dieser Tage zu beobachten war. Und die Verdrängung funktioniert nach wie vor: Diese Woche ging ob des Budgettrubels schon wieder eine Nachricht unter, die uns beunruhigen muss: Der Chef des AMS, Johannes Kopf, prophezeit einen dramatischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen. Bis Ende Jänner 2014 rechnet er mit 450.000 Menschen, die keinen Job haben. Heute sind es 90.000 weniger.

Aber vielleicht passiert ja ein Wunder, vielleicht kommt alles ganz anders. Und dann wäre es doch unverantwortlich gewesen, wenn man Aufruhr erzeugt hätte, wenn Panik aufgekommen wäre … Ja, ein Wunder – das würde auch der aktuellen Politik nicht schaden.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862