Vorarlberg: 3,5 Millionen Gratis-Überstunden

Markt / 02.12.2013 • 22:28 Uhr
Vorarlberg: 3,5 Millionen Gratis-Überstunden

Über ein Prozent des Arbeitsvolumens wurde im vergangenen Jahr kostenlos erbracht.

Wien, Schwarzach. In Österreich wurden im Jahr 2012 68 Mill. unbezahlte Überstunden geleistet – das waren 1,2 Prozent des erbrachten Arbeitsvolumens. Erbracht wurden diese unbezahlten Überstunden von 6,5 Prozent der unselbstständig Beschäftigten in Österreich. Zwei Drittel der unbezahlten Überstunden wurden von Angestellten geleistet, gut ein Fünftel von öffentlich Bediensteten und rund ein Achtel von Arbeitern und Arbeiterinnen. Das hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) gestern veröffentlicht. Obwohl das WIFO die Bundesländer-Zahlen nicht nennt, dürften in Vorarlberg rund 3,5 Millionen Überstunden ohne Bezahlung geleistet worden sein, so eine Hochrechnung der Vorarlberger Arbeiterkammer.

AK-Präsident Hubert Hämmerle spricht angesichts der Zahlen von einer „drastischen Lohnkürzung durch die Hintertür“. Die Österreicher gelten deshalb sogar als Überstunden-Europameister, weiß der Arbeitnehmervertreter. Führe man sich diese Dimension vor Augen, werde auch klar, um welche Summen es geht, wenn Wirtschaftsvertreter fordern, dass die neunte und zehnte Stunde pro Tag nicht mehr als Überstunden zählen sollen, sondern als Normalarbeitszeit gelten sollen, so Hubert Hämmerle gegenüber den VN.

Frauen häufiger unbezahlt

Unbezahlte Überstunden fallen vor allem in Berufsgruppen mit höheren Bildungsanforderungen an, also in  akademischen Berufen und bei Führungskräften, so  Studienautorin Ulrike Famira-Mühlberger. Männer leisten häufiger unbezahlte Mehrarbeit als Frauen, doch sind die Überstunden von Frauen häufiger unbezahlt. Vollzeitkräfte erbringen häufiger unbezahlte Überstunden als Teilzeitbeschäftigte.  Ein Abbau von (unbezahlten) Überstunden dürfte nur geringe Beschäftigungseffekte haben, so das WIFO, weil es vor allem Führungskräfte und hochqualifizierte Mitarbeiter sind, die länger am Arbeitsplatz sind als sie müssten.

Arbeiterkammer-Präsident Hämmerle glaubt, dass die derzeitige Arbeitszeit-Politik der Firmen eine falsche sei: „In Anbetracht der Demografie kann es doch nicht das Ansinnen der Betriebe sein, zum Preis eines kurzfristigen Kostenvorteils ihre Belegschaften durch eine totale Arbeitszeitflexibilisierung zu verbrennen. Da würde ja gerade so getan, als wären die Mitarbeiter jederzeit problemlos ersetzbar. Und wenn dem so wäre, dann wäre das dauernde Gejammere über einen angeblichen Facharbeitermangel nur heiße Luft.“

Die Wirtschaft will das freilich so nicht stehen lassen. Dass gerade hochqualifizierte Menschen so viele Überstunden leisten, zeige, dass ein Mangel an Fachkräften herrsche.