Davos diskutiert nicht mehr nur über die Krise

Zauberwort „Aufschwung“ dürfte beim traditionellen Treffen in der Schweiz allgegenwärtig sein.
Davos. Seit Jahren hat sich auf dem Weltwirtschaftsforum alles nur um die Folgen der Finanzkrise gedreht. Mit der Erholung in den USA, dem Ende der Rezession in der Eurozone und den ausgerufenen Wirtschaftsreformen in China steht das Treffen nun aber unter einem günstigeren Stern. Notenbanker werden ihre Rezepte austauschen, wie sie zur Gesundung der Weltwirtschaft beitragen wollen. EZB-Chef Mario Draghi & Co steht eine Gratwanderung bevor. Weil die Erholung in den Währungsräumen unterschiedlich verläuft, müssen sie jeweils eigene Wege finden und dabei vielfach Neuland betreten.
„Während die US-Notenbank geldpolitisch auf Normalisierungskurs ist, um eine Kreditblase zu vermeiden, versucht China mit Finanzmarktreformen gerade, die Luft herauszulassen“, meint Deutsche-Bank-Ökonom Michael Spencer. Beide Strategien könnten ein nachhaltiges Wachstum gefährden. So wird sich das Forum eingehend mit der Frage beschäftigen, wie die Strukturreformen die Zukunft des asiatischen Riesen und die gesamte Weltwirtschaft verändern werden.
Neue Krisenmittel
Draghi wird über den „Pfad von der Krise zur Stabilität“ sprechen. Anders als in den USA, wo sich die Notenbanker für einen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes entschieden haben, erwägt Draghi neue Krisenmittel im Kampf gegen die Kreditklemme in weiten Teilen der Währungsunion und die für ihn zu niedrige Inflation. Es gilt, die Eurozone vor japanischen Verhältnisse zu bewahren – also einer Phase sinkender Preise mit verheerenden wirtschaftlichen Folgen. Auch IWF-Chefin Christine Lagarde, die am Donnerstag in Davos sprechen wird, hat bereits vor dem „Deflationsungeheuer“ gewarnt. Japan hat es gerade gebändigt, wie die Regierung jüngst stolz verkündete. Regierungschef Shinzo Abe, der in der Schweiz ebenfalls mit von der Partie ist, hatte unter anderem dafür gesorgt, dass die Notenpresse im Land noch stärker rotierte.
Diese jenseits des Leitzinses betriebene Politik der quantitativen Lockerung sieht der scheidende US-Zentralbankchef Ben Bernanke als bewährtes Instrument zum Ankurbeln der Konjunktur in Krisenzeiten. Mit einem Bonmot rechnete er jüngst mit seinen Kritikern ab, die darin die Saat für künftige Vermögenspreisblasen sehen: Das Problem mit der quantitativen Lockerung sei, dass sie in der Praxis funktioniere, „nicht aber in der Theorie“, frotzelte er.
Die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums gilt als einer der wichtigsten Treffpunkte für Spitzenpolitiker, Top-Manager und Wissenschaftler. Erklärtes Ziel ist es, „den Zustand der Welt zu verbessern“. Gegründet wurde es vom deutschen Wirtschaftsexperten Klaus Schwab, der 1971 auf eigenes finanzielles Risiko ein Symposium für europäische Unternehmer organisierte.