Eine Frage der Gerechtigkeit

Armut, Arbeitslosigkeit, Unterentwicklung – Debatten über soziale Gerechtigkeit beim Weltwirtschaftsforum.
Davos. Mit mehr als 2500 Teilnehmern ist gestern in Davos die 44. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) eröffnet worden. Die Beratungen stehen unter dem Motto „Die Neugestaltung der Welt: Konsequenzen für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft“. Weit oben auf der Agenda: Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit sowie die weiter wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in weiten Teilen der Erde. In einer stark beachteten Botschaft an das Treffen rief Papst Franziskus zu mehr Einsatz für soziale Gerechtigkeit auf. Führende Manager und Politiker hätten eine klare Verantwortung gegenüber anderen, vor allem denjenigen, die am zerbrechlichsten, schwächsten und verwundbarsten sind.
Ungeachtet optimistischer Wachstumsprognosen äußerten führende Manager Zweifel an einer raschen Erholung in Europa. So erklärte der Verwaltungsratspräsident der Großbank UBS und Ex-Bundesbankpräsident, Axel Weber, Europa habe die Krise keineswegs hinter sich. Das Wachstum sei sechs Jahre nach Ausbruch der Krise immer noch zu kraftlos, um die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen zu meistern.
Pierre Nanterme, Chef des globalen Beratungsunternehmens Accenture, warnte: „Wir könnten 20 Jahre einer schleppenden, mittelmäßigen Entwicklung haben.“ Europa erhole sich, müsse dabei aber schwere Gewichte stemmen. Entscheidend sei die Frage, wie schnell Reformen umgesetzt würden. Sorgen mache die im internationalen Vergleich nur schwache Wettbewerbsfähigkeit vieler EU-Staaten.
Auf starkes Interesse stößt der geplante Auftritt des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani, der gestern zusammen mit Außenminister Mohammed Dschawad Sarif in Davos ankam. Ruhani hält heute eine Rede über den Platz des Irans in der Welt. Dabei soll es neben Bemühungen um internationale Investitionen auch um Teherans Haltung im Syrien-Konflikt sowie das iranische Atomprogrogramm gehen. Wenige Stunden nach Ruhani spricht Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Er hatte mehrfach gewarnt, dass Teheran nach wie vor den Besitz von Atomwaffen anstrebe.