Immobilien Forum West: Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Markt / 13.03.2014 • 22:16 Uhr
Wohnbaudiskussion: (v. l.) Dr. Wolfgang Amann, LSth. Rüdisser, Scalet (VN), Eigentümervertreter Hagen, Baumeister Rhomberg.  VN/Paulitsch
Wohnbaudiskussion: (v. l.) Dr. Wolfgang Amann, LSth. Rüdisser, Scalet (VN), Eigentümervertreter Hagen, Baumeister Rhomberg. VN/Paulitsch

„Versagt der Markt?“ Diese Frage stellten sich gestern Immobilienfachleute in Bregenz. 

Bregenz. (VN) Wie lässt sich das Grundbedürfnis nach Wohnen für möglichst breite Teile der Gesellschaft erschwinglich gestalten? Mit dieser Frage beschäftigten sich gestern Experten aus Bau- und Immobilienwirtschaft, Politik und Wissenschaft sowie rund 150 Teilnehmer beim Immobilien Forum West 2014 im Festspielhaus Bregenz. Diskutiert wurden Lösungsansätze und Strategien für leistbares Wohnen, und wie sich die Kluft zwischen Anspruch und Realität in Zukunft verringern lässt.

Eine Reihe von konkreten Maßnahmen und Strategien für leistbares Wohnen zeigten Wohnbauexperte Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Institutes für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW), und Architekt Christian Aulinger auf. Ein wesentlicher Aspekt, um die Preisentwicklung am Markt positiv zu beeinflussen, sei ein ausreichendes Angebot an gefördertem Wohnraum, erläuterte Amann: „In Regionen, wo es ein großes Angebot an gefördertem Wohnraum gibt, sind auch die Preise auf dem freien Markt deutlich niedriger. Dies gilt sowohl für Mietwohnungen als auch für den Eigentumsbereich.“ Als Beispiele, wo leistbare Angebote die Preise im nicht-regulierten Bereich dämpfen, nannte Amann Ober- und Niederösterreich, während vor allem in Vorarlberg, Tirol und Salzburg noch Aufholbedarf bestehe.

Enteignung als Mittel?

Amann forderte bei der Podiumsdiskussion aber auch Landesstatthalter und Wohnbaulandesrat Karlheinz Rüdisser heraus. Um den dringend benötigten Baugrund zu bekommen, seien Maßnahmen wie Enteignungen durchaus ein Mittel. Als Beispiel nannte er Südtirol: „Die Südtiroler Volkspartei hat das beschlossen und die ist sicher nicht des Kommunismus verdächtig.“ Rüdisser kann sich solche Maßnahmen nicht vorstellen und weiß auch kein Beispiel für solche Enteignungen, „obwohl das unter gewissen Voraussetzungen schon jetzt in Österreich möglich ist“.

Die Überregulierung als Kostentreiber kritisierte Christian Aulinger, Vorsitzender der Architekten in der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, und forderte eine Redimensionierung und Durchforstung des Normenbestandes sowie Änderungen im Entstehungsprozess von Normen. Derzeit gebe es in Österreich rund 6.000 Normen für das Bauwesen, was es für Planer fast unmöglich mache, kostengünstigen Wohnraum zu schaffen. Das Einsparungspotenzial nach einer Durchforstung beziffert er mit 15 bis 20 Prozent.

Weniger Raum

Einig waren sich bei der Veranstaltung, die eine ganze Reihe weiterer Aspekte behandelte, aber auch alle Teilnehmer, dass zur Realisierung von kostengünstigeren Baulösungen auch die Bauherren ihren Teil beitragen sollten. Der Wohnraum ist ständig gewachsen, die Zahl der Bewohner hat abgenommen. Es gebe durchaus Möglichkeiten mit weniger Raum auszukommen, so Baumeister Hubert Rhomberg, man müsse sich darüber aber mehr Gedanken machen. Und auch Architekt Carlo Baumschlager plädierte für mehr Wohnungs- und Wohnformen.

Wir erlauben uns heute beim Bauen mehr, als wir uns leisten können.

Carlo Baumschlager, Architekt