Stiefmütterchen kann sehr wohl auch rentabel sein

Windkraftwerk würde von Bürgern finanziert. Eine Genossenschaft macht’s möglich.
Möggers. Das Bekenntnis weg vom Atomstrom hin zu erneuerbaren Energieträgern gibt es mittlerweile grenzübergreifend. Die Energiewende nehmen Politiker quer durch die EU-Lande gerne in den Mund, wenn es um Stimmenfang geht. Tatsächlich aber werden „Erneuerbare“ immer noch stiefmütterlich behandelt. Denn ob es zu eben dieser Energiewende beiträgt, wenn ein Atomkraftwerk in England über 30 Jahre einen Einspeisetarif von 11 Cent je Kilowattstunde garantiert bekommt, ein Windkraftwerk in Österreich hingegen nur 9,36 Cent auf lediglich 13 Jahre, kann jeder für sich selbst beantworten.
Und dennoch: Ein Windkraftwerk kann wirtschaftlich betrieben werden. Aber wie würde die Finanzierung in Vorarlberg aussehen?
Energiegenossenschaft
Würde das Windkraftwerk 2015 gebaut werden, wäre ein Einspeisetarif von 9,27 Cent auf 13 Jahre garantiert. Die kolportierten Kosten von vier bis fünf Millionen Euro sollen zur Gänze von Bürgern aufgebracht werden. „Geplant ist eine Energiegenossenschaft der Bürger, die die Anlage errichtet und betreibt“, erklärt Patrick Domig von der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie Vorarlberg (AEEV). Laut den geplanten Statuten wird ein Genossenschaftsanteil mit Stimmrecht 5000 Euro kosten, wobei maximal 20 Anteile pro Kopf gezeichnet werden können. Für Geldgeber ohne Stimmrecht werden „nachrangige Darlehen“ ab 1000 Euro zur Zeichnung möglich sein. Zusätzlich sind Wind-Patenschaften für das Windrad über die Ökostrombörse möglich. Paten sind bereit, eine Mehrzahlung von 1 Cent je verbrauchter Kilowattstunde Strom in ihrem Haushalt in Kauf zu nehmen.
Jährliche Ausschüttungen
Rein finanziell wird der Genossenschafter bei einem eventuellen Gewinn anteilig Ausschüttungen bekommen. Den nachrangigen Darlehensgebern werden pro 1000 Euro, ab dem dritten Jahr beginnend, jeweils 10 Jahresbeiträge von 130 Euro zurückbezahlt, sofern dies den Betrieb der Anlage nicht gefährdet. „Das entspricht dann einer geplanten effektiven Verzinsung von 3,2 Prozent“, ergänzt Domig. Die AEEV rechnet damit, dass sich die Anlage innert 15 Jahren bezahlt hat und das Eigenkapital der Genossenschafter wieder zurückgewirtschaftet ist. Hingegen sollte die Windkraftanlage eine Stromernte über 20 Jahre lang liefern. „Viel wichtiger als das“, sagt Domig „ist die Tatsache, dass damit eine regionale Versorgungssicherheit geschaffen wird, der Ausstieg aus der Atomkraft und aus fossilen Energieträgern realisiert wird und zukünftig die Wertschöpfung vom Windstrom in der Region bei den Bürgern bleibt“.
Vorrangig können sich Bürger aus der Energieregion Leiblachtal sowie Mitglieder des gemeinnützigen Vereins AEEV beteiligen. „Aber darüber hinaus steht es auch für all jene zur Verfügung, die an einer regionalen Investition in eine eigenständige und umweltfreundliche Stromversorgung interessiert sind“, sagt Domig. Im Vorfeld des VN-Stammtischs am 2. Juni im Leiblachtalsaal in Hörbranz werden Interessierte Genaueres erfahren.
Nicht mehr der Preis, sondern die Verfügbarkeit von sauberer Energie wird zum Thema werden.
Patrick Domig