„Unruhe, wenn man alte Zöpfe abschneidet“

Was tut die Bundeswettbewerbsbehörde? „Aufpassen“ sagt Chef Theodor Thanner.
Schwarzach. Geheimdienstmethoden und illegale Durchsuchungen werden den „Agenten“ der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) vorgeworfen, wenn sie in Firmenzentralen auftauchen. Die „CSI Wettbewerb“ hat in den vergangenen Monaten auch in Vorarlberg ermittelt. Ergebnis: Namhafte Zulieferer des Lebensmittelhandels zahlten Bußgeld oder einigten sich mit den Wettbewerbshütern ob unerlaubter „vertikaler Preisabsprachen“, d. h. bei den Gesprächen zwischen Handel und Produzenten wurden die Verkaufspreise an die Endkonsumenten festgelegt.
Weisungsfrei
Die Bundeswettbewerbsbehörde ist in Österreich noch jung, sie wurde im Jahr 2002 auf Grundlage des Wettbewerbsgesetzes gegründet. Seit dem Jahr 2007 ist Theodor Thanner, der zuvor in verschiedenen Ministerien arbeitete, Generaldirektor. Er umreißt die Aufgaben seiner oft in der Kritik stehenden Behörde so: „Die BWB ist
die unabhängige, weisungsfreie Aufgriffs-, Ermittlungs- und Antragsbehörde in Wettbewerbsangelegenheiten.“ Dass seine Mannschaft so vorgeht, wie von Besuchten beschrieben, weist er weit von sich.
Die BWB kümmert sich, auch wenn es derzeit nicht so ausschaut, um alle Branchen. Im Moment hat das Ermittlerteam die Lebensmittelbranche im Visier und sieht die Produzenten von den Handelskonzernen bedrängt. Noch im Juni will die Behörde einen Leitfaden herausbringen, „der Klarheit schafft im Umgang miteinander“. Seine Behörde, so Thanner, wolle den Lieferanten beistehen, vor allem aber den Konsumenten. Der Konflikt mit der Spar-Organisation werde nun vor Gericht entschieden, was ihm, Thanner, recht sei, wie er im Gespräch mit den VN sagte: „Denn dann herrscht Rechtssicherheit für beide Seiten.“ Mit dem REWE-Konzern sei man einen anderen Weg gegegangen und habe sich außergerichtlich geeinigt. „Das ist gut für das Unternehmen und die Mitarbeiter“, ist sich Thanner sicher, weil für die Kunden dann wissen, dass nicht auf ihre Kosten getrickst werde. Wenn der Schwerpunkt „Lebensmittelhandel“ erschöpfend behandelt worden ist, wendet sich die Behörde neuen Zielen zu.
Neue Ziele
Davon gebe es genug, berichtet Thanner. Etwa beim Online-Handel, in dem es dieser Tage Bußbescheide für Preisabsprachen gab. Oder bei den Speditionen, die Kartelle bildeten und so die Preise hoch hielten. Auch bei Baumaterialien, konkret Dämmstoffen, sind die Juristen der Behörde fündig geworden, und interessant zu beobachten sei der Telekom-Markt, der hart umkämpft sei. Baustellen also überall, doch um überall zur Stelle zu sein, fehle es an Personal. Das hat auch die EU-Kommission in einer aktuellen Stellungnahme zum Reformprogramm Österreich festgestellt: „…die Bundeswettbewerbsbehörde mit deutlich besseren Ressourcen ausstatten“. Die Aufregung um Aktionen nimmt er übrigens gelassen: „Wenn man alte Zöpfe abschneidet, gibt es immer Unruhe.“
Wir wehren uns dann, wenn etwas falsch dargestellt wird.
Theodor Thanner
Wettbewerbsbehörde
» Gegründet: 2002
» Generaldirektor: Theodor Thanner
» Mitarbeiter: 30 (20 Akademiker)
» Ziele: Sicherung von Wettbewerb mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen, Aufdeckung und Verfolgung von Kartellabsprachen.Bewusstseinsbildung, nationale und internationale Zusammenarbeit