Kuriose Steuern und ihre Notwendigkeit

Markt / 09.11.2014 • 19:24 Uhr
Vor allem im Tourismus relevant: Ortsübliche Trinkgelder sind von der Einkommenssteuer befreit. VN/Steurer
Vor allem im Tourismus relevant: Ortsübliche Trinkgelder sind von der Einkommenssteuer befreit. VN/Steurer

Im Steuerdschungel steckt manch außergewöhnliche Steuer­erhebung verborgen.

Schwarzach. Das moderne Staatswesen kommt ohne Steuern nicht aus. Die Tendenz ist allerdings unbefriedigend: Die Abgabenquote steigt permanent und steht derzeit nach Berechnungen der Agenda Austria im Jahr 2014 bei 45,3 Prozent. Der „tax freedom day“, jener Tag, an dem umgerechnet aufs Jahr nicht mehr für Steuern und Sozialversicherung, sondern für den eigenen Bedarf gearbeitet wird, ist 2014 bereits auf den 12. August gerutscht.

„Steuern werden nie besonders beliebt werden. Dennoch sollte den Steuerzahlern wieder bewusst werden, dass Steuern nicht für ein anonymes Gebilde bezahlt werden, sondern zur Finanzierung jener Aufgaben, die wir der Gemeinschaft übertragen haben“, sagt Steuerberater Dr. Jürgen Reiner, der auch Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist. Die Abgabenhoheit der Länder, so der Experte, würde das Vertrauen und die Steuerehrlichkeit stärken.

Gebührendifferenz ohne Grund

Das Vertrauen der Bürger wird aber auch durch so manche zu Irritationen führende Steuerbelastung oder -befreiung erschüttert. So gibt es zum Beispiel im Geschäftsleben eine kuriose Belastung: Wer einen Mietvertrag für Geschäftsräume auf zehn Jahre abschließt, bezahlt eine wesentlich höhere Gebühr als derjenige, der einen unbefristeten Mietvertrag abschließt. Diese Art der Gebührenberechnung belastet die Rechtssicherheit, anstatt dass sie sie fördert. „Dafür gibt es keinen Rechtfertigungsgrund“, fügt Dr. Jürgen Reiner an.

Haustrunk im Brauereigewerbe

In Paragraph 3 des Steuergesetzbuches (EStG) sind die meisten Steuerbefreiungen geregelt. So auch der Haustrunk im Brauereigewerbe. Darunter ist jenes Bier zu verstehen, das zum Genuss außerhalb des Betriebes unentgeltlich verabreicht wird. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Haustrunk vom Arbeitnehmer nicht verkauft werden darf und dass er nur in einer solchen Menge gewährt wird, die einen Verkauf tatsächlich ausschließt.

Ebenfalls von der Einkommenssteuer befreit sind ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist. Dies gilt nicht, wenn aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.

Dr. Jürgen Reiner hat aber auch einen Vorschlag an den Fiskus, die Einkommenssteuer betreffend: „Die Begünstigung des 13. und 14. Gehaltes bei Arbeitnehmern bzw. durch den Gewinnfreibetrag bei Selbstständigen würde unsere Kammer in den Tarif integrieren. Dadurch würde niemand mehr bezahlen, aber trotzdem wäre die harte Prozentzahl 50 Prozent ersetzt durch eine leichter verträgliche Prozentzahl von 43.“

Steuerzahlern sollte bewusst werden, dass Steuern nicht für ein anonymes Gebilde bezahlt werden.

Jürgen Reiner