Franken-Kredit: Ausweg aus “stop-loss”-Falle?

Markt / 21.01.2015 • 22:17 Uhr
rechtsanwalt dr. stefan denifl
rechtsanwalt dr. stefan denifl

Konsumentenschutz nimmt Banken ins Visier. Geschädigte Kreditnehmer hätten potenziell Ansprüche.

Schwarzach. (VN-reh) Viele Franken-Kreditnehmer glaubten sich auf der sicheren Seite, als sie in ihrem Kreditvertrag eine sogenannte „Stop-Loss-Order“ vereinbarten. Diese sollte dafür sorgen, dass, wenn sich der Kurs der Fremdwährung über eine vereinbarte Grenze hinaus nachteilig verändert, der Kredit in Euro konvertiert wird. Soweit die Theorie. Denn für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) haben die massiven Kursänderungen des Schweizer Franken gezeigt, dass dieses Instrument seine Funktion nicht erfüllen kann. Erfolgte die Konvertierung nicht zu dem vereinbarten, sondern einem deutlich schlechteren Kurs (etwa statt bei einem Kurs von 1,18 erst bei einem Kurs von rund 1,10), so stelle sich die Frage, welche Ansprüche geschädigte Kreditnehmer gegenüber ihrer Bank haben können. Dafür gebe es mehrere Möglichkeiten.

Anspruch auf Rückgängigmachung der Konvertierung

Konsumenten konnten davon ausgehen, dass eine Konvertierung im Sinn einer Verlustbegrenzung nur zum vereinbarten Kurs erfolgt und nicht zu einem davon völlig abweichenden Kurs durchgeführt wird. Die Hinweise in den vorliegenden Limit-Ordern erscheinen auch nicht ausreichend transparent, sagt der VKI. Für die Konvertierung bestehe dann keine Grundlage. Als Konsequenz wären die Konvertierungen unwirksam und daher spesenfrei von der Bank rückgängig zu machen. Das Kreditkonto müsste denselben Kontostand aufweisen wie vor der Konvertierung.

Vertrauensschaden

Aus Sicht des VKI ist unter Umständen auch die Geltendmachung eines sogenannten Vertrauensschadens möglich. Manche Kreditnehmer hätten möglicherweise schon vor einiger Zeit eine Konvertierung vorgenommen, wenn ihnen die weitgehende Wirkungslosigkeit einer Limit-Order erläutert worden wäre.

Was tun gegen eine erfolgte falsche Konvertierung?

Wer in der beschriebenen Weise von den nachteiligen Wirkungen einer Limit-Order betroffen ist, sollte laut VKI zeitnahe Ansprüche gegenüber der Bank erheben. Bei Gesprächen mit der Bank ist jedenfalls zu empfehlen, nicht voreilig vorbereitete Erklärungen zu unterfertigen. Angebote sollten daher schriftlich verlangt, mit nach Hause genommen und im Zweifel mit Konsumentenberatungsstellen oder einem Anwalt besprochen werden. 

Rechtsanwalt sieht Schaden

Auch der Dornbirner Rechtsanwalt Dr. Stefan Denifl macht auf diese Problematik aufmerksam. „Die Kunden haben geglaubt, dass, wenn sie zum Beispiel einen Kurs von 1,19 als Absicherung haben, dass auch der Wechsel in den Euro im Bereich dieses Kurses stattfinden wird. Der Schaden wurde somit für diese Kreditnehmer realisiert.“ In diesem Zusammenhang könnten im Rahmen einer möglichen mangelhaften Aufklärungspflicht der beratenden Banken Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, sagt Denifl gegenüber den VN.

„Wenn der Schaden und ein großer Teil davon erst mit der Aufhebung des Mindestkurses eingetreten ist, hat der Kunde auch die Möglichkeit, prüfen zu lassen, ob eine Verjährung betreffend die Kreditaufnahme selbst noch nicht eingetreten ist“, so der Rechtsanwalt weiter. In diesem Zusammenhang könnten auch wegen einer unterlassenen Risikoaufklärung bei Gewährung des Fremdwährungskredites nochmals Ansprüche geltend gemacht werden.

Haftung der Nationalbank

Zudem werde darüber diskutiert, ob die Schweizer Nationalbank haften könne. Denn diese habe auch noch in den letzten Tagen vor der Aufhebung des Mindestkurses gesagt, dass der Mindestkurs weiter mit aller Konsequenz durchgesetzt werde. Das hätte Franken-Kreditnehmer dazu bewogen, nicht in den Euro zu konvertieren. Dies bedürfe allerdings noch einer eingehenden Prüfung, ob diese Täuschung ausreiche, um gerichtliche Ansprüche geltend zu machen. Dennoch sei geschädigten Kreditnehmern auf jeden Fall anzuraten, sich im Einzelfall rechtlich beraten zu lassen.

Geschädigte Kreditnehmern sollten sich beraten lassen.

Dr. Stefan Denifl