“Obwohl wir viel erreicht haben, bleibt für den ÖGB noch viel zu tun”

Markt / 16.04.2015 • 22:58 Uhr
Manuela Auer findet Gastro-Protest
Manuela Auer findet Gastro-Protest “unglaubliche Sauerei”.

 Neue Arbeitswelten stellen den ÖGB auch nach 70 Jahren vor Herausforderungen. 

Feldkirch. (VN-sca) Die Feier zum Geburtstag wird nicht überschwänglich sein, berichtet der Vorarlberger ÖGB-Landesvorsitzende Norbert Loacker im Vorfeld der Jubiläumsaktivitäten, zu der am Donnerstagnachmittag Betriebsräte, Mitglieder und Interessierte in die Arbeiterkammer eingeladen wurden. Am Vormittag legte er zusammen mit ÖGB-Landesgeschäftsführerin Manuela Auer und der ÖGB-Vizepräsidentin Renate Anderl Bilanz über 70 Jahre. Die kann sich in der Tat sehen lassen, selbst wenn dazu Vergleiche bemüht werden, die nicht mehr wirklich nachvollziehbar sind. Denn wer wollte schon die 85 Reichspfennig Stundenlohn für weibliche Schneiderei-Hilfskräfte dem Lohn von 2015 gegenüberstellen.

Unbestritten ist, dass die Gewerkschaften die Bedingungen für Arbeitnehmer in sieben Jahrzehnten massiv verbessert haben. Loacker: „Vieles, was uns heute als selbstverständlich erscheint, musste von den Gewerkschaften hart erkämpft werden.“ Und er zählt auf: Urlaubs- und Weihnachtsgeld, geregelte Arbeitszeiten, Mitbestimmung am Arbeitsplatz und Mindesturlaub.

Dass es für die Interessenvertreter in absehbarer Zeit keine Aufgaben mehr gebe, glaubt er nicht. Die Zeiten würden härter, das merke man auch in den Betrieben. Und es gibt neue Betätigungsfelder. Eines ist für ihn die Arbeitszeit: „Bei kommenden Verhandlungen werden wir die Freizeitoption forcieren“, kündigt er an. Der Verzicht auf eine Lohnerhöhung und dafür mehr Urlaub finde bei vielen Arbeitnehmern und Gewerkschaftsmitgliedern Gefallen. Von der Wirtschaftskammer fordert der Vorsitzende am Jubeltag eine wirtschaftsfreundlichere Haltung. Er verstehe nicht, wie die Unternehmervertretung einen Mitgliedsbetrieb daran hindern wolle, Arbeitsplätze zu schaffen und Geld zu investieren, poltert er und votiert damit zum wiederholten Male für den Messepark.

Quasi ein Geschenk zum Jubiläum war die Steuerreform, die, vergisst Loacker nicht zu erwähnen, in Vorarlberg und Tirol ihren Ursprung hatte und dann österreichweit forciert wurde. Dass nun aber die Regierung einzelne Berufsgruppen in Einzelhaft nehme, gehe nicht an, stellte ÖGB-Geschäftsführerin Manuela Auer fest. Kein Verständnis bringt sie für die Gastronomen auf. Sie hoffe, dass das Paket nicht mehr aufgeschnürt werde, die Registrierkassenpflicht bleibe, der Protest der Touristiker ist für sie jedenfalls eine „unglaubliche Sauerei“, weil sie dahinter nur Jammerei und keine Not erkennen will.

Wir werden für die Freizeit-Option kämpfen.

Norbert Loacker, ÖGB-Vorsitzender

Wir werden für die Freizeit-Option kämpfen.

Norbert Loacker, ÖGB

ÖGB-Erfolge (Auszug)

» 1970: General-Kollektivvertrag über die schrittweise Einführung der 40-Stunden-Woche – Änderung des Arbeitszeitgesetzes

» 1973: Beschluss des Arbeitsverfassungsgesetzes

» 1974: Entgeltfortzahlungsgesetz – Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub

» 1979 Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten bei Abfertigung, Gleichbehandlungsgesetz

» 1990: ÖGB fordert 10.000 Schilling Mindestlohn – erreicht in den Kollektivverträgen der nächsten zehn Jahre

» 2011: Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping

» 2015: Steuerreform erreicht.