“Junge Talente sprießen nicht aus dem Boden”

Markt / 18.06.2015 • 20:29 Uhr
Hilti-Ausbildungsleiter Daniel Bitschnau.
Hilti-Ausbildungsleiter Daniel Bitschnau.

Immer mehr Vorarlberger Ausbildungsbetriebe investieren in die triale Ausbildung.

Schwarzach. Die Anforderungen in technischen Berufen steigen stetig. Zwar gibt es in der Lehrausbildung die Berufsschule sowie den Ausbildungsbetrieb, die den Jugendlichen alles Wichtige beibringen. Weil die Berufsbilder aber immer umfangreicher werden, ist es für die Betriebe nicht immer möglich, alle Inhalte in der Aus- und Weiterbildung selbst zu vermitteln, vor allem wenn es um soziale und wirtschaftliche Kompetenzen geht. Diesen Ansatz der „trialen“ Ausbildung verfolgen immer mehr Betriebe in Vorarlberg. So zum Beispiel Getzner Textil, Jägerbau, Wilhelm + Mayer, Autohaus Maier oder auch der Bautechnik-Spezialist Hilti in Thüringen.

Die Unternehmen haben sich dabei mit Martin Dünser, dem Geschäftsführer des Ausbildungsunternehmens „get up!“ in Götzis, zusammengetan. Dünsers Devise lautet: „Junge Talente sprießen nicht einfach aus dem Boden. Sie brauchen Zeit, Training und viel Aufmerksamkeit.“ Unter diesem Ansatz bietet er maßgeschneiderte Ausbildungsmodule für Lehrlinge bis zu Fach- und Führungskräften.

Jugendliche überfordert

Bei Hilti in Thüringen werden sowohl die eigenen Lehrlinge als auch die Lehrlinge der Kunden trainiert. Im Fokus stehen dabei die Persönlichkeitsentwicklung, das unternehmerische Denken sowie Trainings im Bereich Messtechnik. „Wir brauchen Mitarbeiter mit einer gewachsenen emotionalen Verbindung zum Betrieb und mit der Fähigkeit, die Aufgaben der Gegenwart sowie die Anforderungen der Zukunft zu erkennen und diese mit Mut und Anstand anzugehen“, erklärt Ausbildungsleiter Daniel Bitschnau.

Fähigkeiten stärken

Man habe im Lehrbetrieb vermehrt festgestellt, dass Motivation und Lernerfolg oft mit der Tatsache zusammenhängen, dass junge Menschen durch die Konsumations- und Informationsflut überfordert seien. „Sie sind dann nicht mehr in der Lage, die wesentlichen Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen. Oft wissen die Jugendlichen daher nicht, worauf sie sich fokussieren sollten“, berichtet Bitschnau aus der Praxis. Deshalb versuche man mittels der „get up!“-Trainings Fähigkeiten wie vernetztes Denken, Respekt vor sich selbst und dem Gegenüber, das Verstehen von betrieblichen Abläufen und Zusammenhängen und die Begeisterung für den Beruf zu stärken. Das sei ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Lehrzeit.

Gesellschaftliche Pflicht

Die triale Ausbildung kommt bei Hilti mittlerweile seit rund zweieinhalb Jahren zum Einsatz. Die Erfahrungen damit sind bisher sehr gut. Insbesondere im Bereich Persönlichkeitsentwicklung setzte man hier wichtige Akzente. „Damit können wir als Ausbildungsbetrieb einen wertvollen Beitrag für unsere künftigen Fach- und Führungskräfte leisten. Wir sehen das als essenziellen Bestandteil unserer gesellschaftlichen Verantwortung“, ist Ausbilder Daniel Bitschnau überzeugt.

Martin Dünser sieht sich mit seiner Arbeit als Nahtstelle zwischen Unternehmen und Schulen. Geht es um technische Inhalte, arbeitet er mit Festo Didactic, einem weltweit agierenden Anbieter von Lernsystemen und Trainings im Technikbereich, zusammen. Dünser schafft es dabei dennoch, selbst „trockene“ Theorie wie beispielsweise Bauvermessung zum Leben zu erwecken.

Seminar mit Spitzenkoch

Oft setzt er dabei auf spezielle Aktivitäten, um diese Fähigkeiten zu erlernen. Zum Beispiel mit einem dreitägigen Seminar mit einem Spitzenkoch für Lehrlinge aus dem Baubereich. Da gehört von der Planung über den Einkauf bis zum Kochen und Anrichten auch viel konzeptives und wirtschaftliches Know-how dazu. „Eine interessante Erfahrung, bei der man weit mehr lernt als nur das Kochen“, sagt Dünser, der schon das nächste Projekt im Köcher hat.

Bei Getzner Textil ist in dieser Woche ein Pilotprojekt gestartet, um Schüler mit Technik vertraut zu machen. Sie probieren mit den Lehrlingen im Betrieb die verschiedensten Versuche im Bereich Bionik aus. So sollen Talente erkannt und gleichzeitig auch das Recruiting für die Betriebe im Lehrlingsbereich erleichtert werden.

get-up!-Geschäftsführer Martin Dünser.  
get-up!-Geschäftsführer Martin Dünser.  
Teamgeist gefragt: Die Hilti-Lehrlinge lernen, was es heißt, sich aufeinander zu verlassen.  
Teamgeist gefragt: Die Hilti-Lehrlinge lernen, was es heißt, sich aufeinander zu verlassen.  
Lehrlinge aus dem Baugewerbe bei einem von Hilti und „get up!“ durchgeführten Vermessungsworkshop. 
Lehrlinge aus dem Baugewerbe bei einem von Hilti und „get up!“ durchgeführten Vermessungsworkshop.