Ausdauer schlägt Talent

Markt / 10.07.2015 • 11:37 Uhr
Der Vorarlberger Universitätsprofessor Matthias Sutter rät, sich in Geduld zu üben. Foto: ecowin
Der Vorarlberger Universitätsprofessor Matthias Sutter rät, sich in Geduld zu üben. Foto: ecowin

Wer sich heute in Geduld übt, hat morgen den größeren Erfolg, meint Matthias Sutter.

EXPERIMENT. (dh) Im Zeitalter von Smart-Phone, Apps und 24-Stunden-Online-Shopping zählt Geduld nicht gerade zu den Vorzügen vieler Menschen. Wie denn auch, scheint doch alles sofort und jederzeit zur Verfügung zu stehen. Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass Tugenden wie Geduld, Ausdauer, Disziplin und Selbstkontrolle wichtige Erfolgsfaktoren sind. Der in Hard geborene Matthias Sutter, der nunmehr an der Universität Innsbruck auf dem Feld der Experimentellen Wirtschaftsforschung tätig ist, führte eine umfassende Analyse zur Bedeutung von Selbstbeherrschung durch und fasste seine Resultate im Werk „Die Entdeckung der Geduld – Ausdauer schlägt Talent“ zusammen. Darin kam er zu dem verblüffenden Ergebnis, dass Selbstbeherrschung für den persönlichen Erfolg viel wichtiger ist als Intelligenz und Talent. Wer sich heute noch in Geduld übt, wird schon morgen davon profitieren. In die Jobwelt übersetzt bedeutet das beispielsweise: Wer geduldig in eine höhere Ausbildung investiert, hat Chancen, einen besseren Job zu bekommen.

Marshmallow-Experiment

Bereits in den 1960er-Jahren wurde vom österreichischen Persönlichkeitspsychologen Walter Mischel das bekannt gewordene Marshmallow-Experiment durchgeführt, das auch Sutter als Ausgangspunkt seiner Forschungen diente. Mischel gab in einer Versuchsreihe Kindern ein Marshmallow. Er teilte den Kindern sodann mit, dass sie die Süßigkeit sofort essen können, wenn sie wollen. Wenn sie aber mit dem Verzehr warten, erhalten sie später einen zweiten Marshmallow. Die kleinen „Naschkatzen“ wurden also vor ein Dilemma gestellt: Eine kleine sofortige Belohnung gegenüber einer größeren, dafür späteren Belohnung. Auch wenn die Versuchung groß war, schafften es viele Kinder, dem leckeren Marshmallow zu widerstehen und dafür einen zweiten zu erhalten. In den folgenden Jahren wurde die Entwicklung der 562 Jungen und Mädchen weiter verfolgt. Nach 20 Jahren zeigten sich die Unterschiede deutlich: Jene Kinder, die es schafften, der Versuchung zu widerstehen, hatten im Durchschnitt bessere Schulnoten, waren schlanker, nahmen seltener Drogen und hatten häufiger einen Uni-Abschluss. In einer ähnlichen Studie aus Neuseeland zeigte sich zudem: Menschen mit einer hohen Selbstbeherrschung sparen mehr Geld, brechen seltener die Schule ab und verfallen seltener der Spielsucht.

Grundstein in der Kindheit

Auch Sutters Forschungsergebnisse zeigten, dass der Grundstein nicht dem sofortigen Impuls zu erliegen, bereits in der Kindheit gelegt wird. „Die Fähigkeit des kleinen Kindes, auf eine zweite Belohnung eine Viertelstunde warten zu können, hat ungefähr den gleich großen Effekt wie Intelligenz oder elterlicher Hintergrund“, lautet ein Resümee des 46-jährigen Volkswirtes. Warum die einen prinzipiell geduldiger durchs Leben gehen als andere, lässt sich schwer erklären. Ein Prinzip lautet: „Verlässlichkeit ist wichtig, um Geduld zu erlernen. Da wird in der frühen Kindheit der Grundstein gelegt.“

„Die Entdeckung der Geduld – Ausdauer kann Talent ersetzen“, Matthias Sutter, Ecowin-Verlag