So rüstet sich Google für die Zukunft

Das neue Konzerndach „Alphabet“ sorgt im Google-Reich für klare Verhältnisse.
Mountain View. (VN) „Der ganze Sinn liegt darin, dass die Alphabet-Firmen ihre Selbstständigkeit haben und eigene Marken entwickeln sollen“, begründet Google-Mitbegründer Larry Page (42) in einem Blogeintrag den Umbau des Internetriesen Google, der weltweit für Aufsehen sorgt und von Börsianern wie Brancheninsidern zum größten Teil begrüßt wird. Branchenfachmann Colin Gillis: „Es wurde viel spekuliert, wie viel Geld Google in die verschiedenen Geschäftsfelder steckt, das wird jetzt ein Ende haben.“
Larry Page wechselt vom Chefposten bei Google an die Spitze von Alphabet. Das Online-Kerngeschäft soll Sundar Pichai führen. Der 43-jährige Pichai galt bereits als rechte Hand von Page in dem Bereich. Das lukrative Web-Geschäft mit der Suchmaschine und der Online-Werbung wird von Projekten wie selbstfahrende Autos oder Drohnen getrennt werden. Die Kern-Firma heißt weiterhin Google, wandert aber unter das Dach des neuen Mutterkonzerns, der den Namen Alphabet trägt. Andere Sparten wie der Spezialist für Heimvernetzung Nest oder das Innovationslabor Google X werden zu eigenständigen Firmen in der Alphabet-Holding – durch die neue Struktur wird auch ganz schnell klar, welche neuen Ideen auch geschäftlich Zukunft haben.
Mehr Transparenz
Mit der Trennung können die Google-Gründer die neuen Bereiche von möglichen künftigen Problemen des heute boomenden Kerngeschäfts abschirmen – und umgekehrt. Werbung macht immer noch rund 90 Prozent der Konzernerlöse von knapp 32 Mrd. Euro aus, das Engagement in anderen Bereichen hat bisher vor allem viel Geld verschlungen, deshalb wird der Schritt auch an der Börse goutiert: Ob der Aussicht auf mehr Transparenz legten die Google-Aktien um 5,11 Prozent zu. Für Nutzer von Google-Diensten ändert sich übrigens nichts. Lediglich die heutigen Google-Aktionäre bekommen stattdessen Aktien von „Alphabet“.
Google-ABC
Die neue Muttergesellschaft des Internet-Riesen Google bekommt den Namen Alphabet. Schon jetzt reichen die Aktivitäten des Unternehmens einmal durch das ABC. Einige wichtige Buchstaben:
A wie Android: Das Betriebssystem für mobile Geräte dominiert den Smartphone-Markt. Im vergangenen Jahr lag der Marktanteil bei 81,5 Prozent. Eine Google-Eigenentwicklung ist Android übrigens nicht: Der Konzern kaufte das Start-up vor zehn Jahren auf.
C wie Calico: Die Gesundheitsfirma soll vor allem das Altern erforschen, um es eventuell bremsen zu können.
F wie Fiber: In den USA bietet der Konzern unter diesem Namen in rund einem halben Dutzend Städten ultraschnelle Internet-Zugänge über Glasfaser-Anschlüsse an.
G wie Google: Unter dem angestammten Namen des Konzerns werden die Internet-Suchmaschine, das Werbegeschäft sowie YouTube und Android gebündelt. Das neue, abgespeckte Google wird eine Tochterfirma von Alphabet.
M wie Maps: Google ist eines der wenigen Unternehmen, das über sehr genaue Kartendaten verfügt. Für die Vernetzung von Alltagsgeräten und Autos sind diese Informationen besonders wichtig. In Deutschland ist vor allem der Panoramadienst Street View, mit dem man Aufnahmen von Straßenzügen ansehen kann, umstritten.
N wie Nest: Nest baut vernetzte Thermostaten, die über Apps gesteuert werden können. Auch Rauchmelder sind im Programm. Google kaufte das Unternehmen Anfang 2014 für mehr als drei Milliarden Dollar.
V wie Google Ventures: Über Google Ventures investiert der Konzern in Start-ups, unter anderem den umstrittenen Fahrdienst-Vermittler Uber.
X wie Google X: Das Innovationslabor, bei dem unter anderem die selbstfahrenden Autos sowie Drohnen und Ballons zur Internet-Versorgung entlegener Gebiete aus der Luft entwickelt wurden.
Y wie YouTube: Google übernahm die Videoplattform im Jahr 2006 für 1,65 Milliarden Dollar – nur 19 Monate nach der Gründung. Zunächst war das ein Verlustgeschäft, doch mittlerweile spielt das Portal viel Geld ein. Die erfolgreichsten YouTuber haben Hunderttausende Fans.
Z wie Project Zero: Google-Programmierer suchen nach Schwachstellen in Software, auch von anderen Unternehmen. Die sollen so angehalten werden, die Lücken zu schließen. Das kommt nicht immer gut an.
Google-Geschichte
1995: Mitgründer Larry Page und Sergey Brin lernen sich an der Stanford University kennen. Dort gibt der kurz vorm Abschluss stehende Brin dem Studienanfänger Page eine Campus-Tour.
1996: Das Duo beginnt mit der Arbeit an einer neuen Suchmaschine für das Internet. Die Idee zu Google wird geboren.
1998: Google wird offiziell gegründet. Erster Standort der Firma ist die Garage von Susan Wojcicki im kalifornischen Menlo Park.
1999: Page und Brin verlagern den Sitz nach Mountain View. Sie stellen den ersten firmeninternen Koch ein, der Mahlzeiten für die Mitarbeiter zubereiten soll.
2001: Eric Schmidt wird zum Geschäftsführer berufen, Page und Brin werden Präsidenten der Firmenzweige Produkte und Technologie.
2004: Wenige Monate nach Vorstellung des E-Mail-Diensts Gmail geht Google erstmals an die Börse.
2006: Google kauft die Videoplattform YouTube für 1,6 Mrd. Dollar.
2011: Larry Page wird Geschäftsführer, Schmidt Aufsichtsratschef.
2014: Google schließt einen umstrittenen Aktien-Split ab, durch den eine neue Form von Aktien ohne Stimmrecht geschaffen wird. Damit wird Pages und Brins Einfluss als wichtigste Anteilseigner gefestigt.
2015: Page kündigt die Schaffung einer neuen Holding namens Alphabet an, in die Googles Kerngeschäft und getrennt geführte Unternehmen eingegliedert werden sollen.