Wenn die Hitze zu Kopf steigt
Gott sei Dank, die Hitzewelle ist vorbei – und das ist gut so. Denn die tropischen Temperaturen brachten so manche seltsamen Blüten hervor. Blüten, die wohl bunt und effektheischend sind, die aber auch schnell wieder verblühen und hoffentlich der Vergessenheit anheimfallen.
Anders als mit der außergewöhnlichen Hitze sind die Wortspenden aus der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerecke in den vergangenen Tagen nicht zu erklären.
Für Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl war wohl das Statement von Finanzminister Hansjörg Schelling, dass das Arbeitslosengeld zu hoch sei und damit kein Anreiz ist, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzuschauen, Anlass genug, um nachzudoppeln. Und das tat er in bester Stammtischmanier. „Ja, es stört mich, dass man aus der Mindestsicherung plus den Transferzahlungen netto auf ungefähr das Gleiche kommt, wie wenn du für 1700 Euro brutto arbeitest“, sagte der oberste Unternehmervertreter und stellte in den Raum, dass jeder, der arbeiten wolle, auch Arbeit finde. So einfach ist es leider nicht, Herr Leitl. Erstens ist es nicht die Regel, dass Arbeitslose solche Summen überwiesen bekommen, zweitens kann man offene Stellen nicht mit Menschen besetzen, denen die entsprechende Qualifikation fehlt. Eine kurze Nachfrage in den Innungen hätte genügt, um diese Fata Morgana verblassen zu lassen.
Ebenso populistisch wie der oberösterreichische Kiesbaron Leitl ist auch das Gegenüber, der leitende Gewerkschaftssekretär Bernhard Achitz, unterwegs: Wohl in einem Schanigarten ohne entsprechenden Schattenspender ist dem Gewerkschaftssekretär die Hitze zu Kopf gestiegen, als er darüber sinnierte, wie er wohl etwas Wind in diese drückende Schwüle bringen könnte: Ihn wurmte, dass der Marienfeiertag auf einen Samstag fiel. Sein Geistesblitz war so simpel wie lächerlich: Einfach den Feiertag am Montag nachfeiern – auf Kosten der Unternehmen. Für eine Pressemeldung reichte es, und den Mitgliedern wurde signalisiert, dass man alles – wirklich alles – tut, um die Interessen zu vertreten.
Doch selbst die Arbeitnehmerschaft konnte dazu nur den Kopf schütteln, in einer Zeit, in der Österreichs Wirtschaft mit allen Mitteln darum kämpft, den Anschluss an die internationalen Mitbewerber nicht zu verlieren. Die inzwischen herbstlichen Temperaturen werden hoffentlich dazu beitragen, Klarheit und andere Gedanken in die durch Hitze überlasteten Köpfe zu bringen: Beispielsweise, was man konstruktiv dazu beitragen könnte, damit Österreich wieder die alte Stärke zurückgewinnt.
Die tropischen Temperaturen dieses Sommers brachten manch seltsame Blüten hervor.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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