Härtefälle vermeiden

VN-Serie von Notar Manfred Umlauft zu den wichtigsten Änderungen im Erbrecht.
Schwarzach. Bezüglich der Stundung des Pflichtteils(ergänzungs)anspruchs gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Stundung durch letztwillige Anordnung: Der Verstorbene kann die Pflichtteilszahlung innert höchstens fünf Jahren nach seinem Tod oder in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraumes letztwillig anordnen. Ebenso kann er die Zuwendung eines Vermögenswertes aus dem Nachlass zur Pflichtteilsdeckung auf diesen Zeitraum erstrecken. Eine solche letztwillig angeordnete Stundung muss der Pflichtteilsberechtigte jedoch insoweit nicht akzeptieren, als ihn diese Stundung unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe; die Interessen und die Vermögenslage des Pflichtteilsschuldners sind ebenfalls angemessen zu berücksichtigen. Hier werden also die berechtigten Interessen einerseits des Pflichtteilsberechtigten (z. B. seine Armut) und andererseits des Pflichtteilsschuldners (z. B. die Notwendigkeit des Verkaufes des von ihm bewohnten Wohnhauses bei sofortiger Fälligkeit des Pflichtteils) gegeneinander abzuwägen sein. Im Streitfall entscheidet hierüber das Gericht.
Pflichtteilsstundung durch gerichtliche Anordnung: Der Pflichtteilsschuldner hat zwei Möglichkeiten, eine gerichtliche Stundung des Pflichtteilsanspruchs zu verlangen:
» Einerseits kann er bei Gericht beantragen, dass die letztwillig angeordnete Stundung gemäß den Ausführungen im vorstehenden Absatz lit. a) (diese kann höchstens fünf Jahre betragen) wegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände um höchstens weitere fünf Jahre verlängert wird.
» Wenn eine Pflichtteilsstundung letztwillig nicht angeordnet wurde, kann der Pflichtteilsschuldner die gerichtliche Stundung beantragen, soweit ihn die sofortige Erfüllung des Pflichtteils unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. Nach dem Gesetz kann dies insbesondere der Fall sein, wenn der Pflichtteilsschuldner mangels ausreichenden anderen Vermögens die Wohnung, die ihm zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient, oder ein Unternehmen, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt, bei sofortiger Pflichtteilserfüllung veräußern müsste, oder der Fortbestand eines Unternehmens erheblich gefährdet wäre. Die Interessen des Pflichtteilsberechtigten sind jedoch stets angemessen zu berücksichtigen. Das Gericht kann nach dieser Interessensabwägung den Pflichtteilsanspruch auf höchstens fünf Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf höchstens zehn Jahre stunden oder die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraumes bewilligen.
Verzinsung: In allen Fällen stehen dem Pflichtteilsberechtigten bezüglich
des Pflichtteils(ergänzungs)anspruchs die gesetzlichen Zinsen für die Zeit ab dem Tod des Verstorbenen bis zur Erfüllung des Pflichtteils zu. Das sind 4 vier Prozent pro Jahr.
Durch die Stundungsmöglichkeit können Härtefälle vermieden oder wenigstens gemildert werden. Dies ist insbesondere im Unternehmensbereich von besonderer Bedeutung: Neben
den schon bisher zur Verfügung stehenden zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten des Gesellschafts- und Privatstiftungsrechts bietet die Stundung eine weitere Möglichkeit, die Härte des
Pflichtteilsrechts in berücksichtigungswürdigen Fällen zu mildern. Das ist zu begrüßen.
Lesen Sie den nächsten Teil der VN-Serie morgen, Dienstag.